MALMOE

„Erstens wegen Spende und zweitens bezüglich eines Problems in Italien“

Poesiealbum Türkis-Grün #4

Wer gedacht hätte, das Poesiealbum würde wieder nur gefüllt werden mit den Pandemie-Fails der Bundesregierung sieht sich getäuscht, der alte ÖVP-Heuler Korruption hat es geschafft am Virus vorbeizuziehen. Ein schöner Erfolg für Rechtsstaat und Demokratie

Immer wieder diese Unschuld, die vermutliche

Früher hieß es „Danke Jörg“, heute müsste es heißen „Danke Sebastian“. Die Stories gleichen sich bis aufs Haar. Wenn Jörg Haider Ärger mit dem Kadi hatte, dann ging er stets zum Gegenangriff über. Teil 1: „In den Zeitungsredaktionen wird nur mehr gelogen“. Teil 2: „Die Justiz kämpft gegen ihn“. Gewisse Details mögen variieren, die Strategie ist bei Kurz die gleiche. Wenn Sebastian Kurz redet, ist immer die Seifenblasenmaschine eingeschaltet. Das Publikum darf mit offenem Mund dabei zuschauen, wie eine Aussage nach der anderen lustig zerplatzt. Geh, bös sind sie, alle sind gegen ihn, man will ihn anpatzen, er selbst hat aber nie, nix falsches gemacht. Deswegen hier nochmal in Kurzversion zum an den Kühlschrank hängen: Im Wahlkampf 2017 (aka „Operation Ballhausplatz“) gab die österreichische Volkspartei statt der vereinbarten Obergrenze von sieben Millionen Euro 13 Millionen für den Wahlkampf aus. Macht flotte sechs Milliönchen zusätzlich. Das allein darf füglich als eine Art Wahlbetrug bezeichnet werden, denn das Bild vom Strahlekanzler muss ja erstmal medial bezahlt werden. Um das Geld einzusammeln wurde im Vorfeld ins Hotel Sacher geladen und es kamen – so will es der Zufall – nur die Reichen und Betuchten. Die Sorgen von Obdachloseninitiativen hörte sich der Kanzler in spe bei den Spendenfrühstücken nicht an. Die ausgelegten Spendenzettel waren mit dem Vermerk versehen, es dürfe für das gespendete Geld keine Gegenleistung erwartet werden. No na – das wäre ja sonst auch strafrechtlich relevant. Nur über was wurde denn in illustrer Runde geredet? Über den besseren Schutz der heimischen Singvögel?

Ein Blümel gab’s obendrauf

Ne, Naturschutz war eher nicht das Thema. Es kann heute nur profund spekuliert werden. Schließlich ist bekannt, dass Kurz-Intimus Gernot Blümel zuvor ein SMS vom Glückspielkonzern Novomatic bekam mit der kürzest möglichen Anfrage zur Bestechung (1.Spende/2.Problem). Nun ist es, anders als strafrechtlich, politisch gänzlich unerheblich, ob je Gelder vom Glücksspielkonzern an die ÖVP geflossen sind. Denn mit der Weiterleitung, inklusive Küsschen-Smiley, machte der zukünftige Finanzminister klar, dass er solche Anfragen für vollkommen normal hält. In Kärntner Mundart heißt dies übrigens „part of the game“. Natürlich kümmere sich die „Türkise Bewegung“ um die Sorgen heimischer Unternehmen, auch wenn es Steuerfragen im Ausland sind und auch wenn es Glücksspielkonzerne sind, von denen man ja eigentlich aus höchsten moralischen Gründen kein Geld nimmt. Hier soll die Öffentlichkeit ganz offenbar für dumm verkauft werden. Schließlich zieht die ÖVP seit Jahr und Tag wie ein Trupp Musikclowns durchs Land, hämmert auf die große Trommel und singt: „Keine neuen Steuern – bummbadadadumm, die Reichen nicht besteuern – bummbadadadumm“. Und jetzt soll niemand auf die Idee kommen, das habe nicht vielleicht auch etwas mit den immer ganz exorbitant großen Summen zu tun, die die Partei bei Spendenfrühstücken im Hotel Sacher von eben diesen Reichen einsammelt? Wer dies jetzt für billige Klischees hält, sollte zunächst die ÖVP bitten, weniger klischeehaft zu agieren.

Studier’ wie Aschbacher

Wahre Poesie bescherte uns Anfang des Jahres die mittlerweile in der Versenkung verschwundene Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) mit ihrer peinlich zusammengeklauten Dissertation. Eine dadaistische Reminiszenz an die Frühphase von Übersetzungsprogrammen, sozusagen. Nur dass Aschbacher ihre Arbeit eben nicht im Fach experimentelle Sprachkunst eingereicht hat, sondern im Bereich Industrial Engineering. Einmal noch durchlesen vor dem Abgeben, das hätte vielleicht auch der vielbeschäftigten Ministerin noch abverlangt werden können. In der ÖVP lernt man daraus, den Sparstift vielleicht gerade nicht bei den Ghostwriter*innen anzusetzen. Umso dreister, wie diese Bildung verachtende Regierungstruppe mit der UG Novelle derzeit Studierende gerade unter den verschärften Bedingungen der Pandemie weiter unter Druck setzen möchte, möglichst schnell zu studieren.

Impfdeals

Als endlich Impfstoffe zur Verfügung stehen ist man in Österreich skeptisch. Erstmal abwarten, wir sind ja keine Versuchskaninchen, so der Tenor. Als sich aber Bürgermeister und andere wichtige Leute anfingen beim Impfen vorzudrängeln, wurde der Impfstoff allseits zum begehrten Gut. Die EU setzt ihre Impfstrategie auf den billigsten, aber zunächst mal noch gar nicht zugelassenen Impfstoff. Kanzler Kurz „platzt der Kragen“, weil sich die Europäische Arzneimittel Agentur auch noch die Zeit nimmt, den Impfstoff wie üblich vor der Zulassung zu prüfen. Und während das alles dauert, zu wenig Impfstoff verfügbar ist und der, der vorhanden ist, auch schon mal liegen bleibt, ein neuer Kurz’sche Geniestreich: ein „Grüner Impfpass“ soll her, der zumindest einer Impfelite wieder ein gesellschaftliches Leben und Reisen ermöglichen soll. Neuerdings schmiedet der Kanzler mit der Regierung Israels und großen Pharmafirmen gemeinsame Pläne einen neuen Impfstoff zu entwickeln und neue Produktionsstätten aufzubauen. Denn darauf hinzuarbeiten die Patente für die bereits entwickelten Impfstoffe zumindest für eine Weile auszusetzen, damit Impfstoff für alle produziert werden kann, das wäre ja Enteignung. Und wenn man sich in der Pandemie keine goldene Nase verdienen kann, wo bleibt dann der Anreiz, etwas zu ihrer Eindämmung zu unternehmen?

Eins noch zur Pandemie

Dank Gesundheitsminister Rudi Anschober wissen wir jetzt: Das Jahr hat 52 „entscheidende“ Wochen. Die liegen interessanterweise immer vor einem und in denen müssen wir „noch einmal ganz fest…“. Ja eh. Nachdem Anschober bei einer 7-Tage-Inzidenz von hundert Neuinfizierten pro hunderttausend Einwohner*innen das Aufsperren für eine Inzidenz von 50 in Aussicht gestellt hatte, er dann bei einer Inzidenz von 150 meinte, man könne aber eh aufsperren und er dann in der gleichen Woche montags sagt, die Schanigärten könnten in zwei Wochen vielleicht teilweise öffnen, um dann mittwochs (Inzidenz 160) zu sagen, es wird eher wieder noch mehr zugesperrt, da muss man dann aber schon sagen, Herr Gesundheitsminister, sie sind eine Gefahr für unsere nervliche Gesundheit!