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MALMOE

Knicksen vor dem Kriegstreiber

Poesiealbum Türkis-Grün #8

Seit viel zu vielen Jahren kommentiert das Poesiealbum die schadhafte österreichische Bundesregierung. Mit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine ist eine Situation entstanden, die den Humor raubt. Aber auch Satire hat eine Verantwortung. Beispielsweise daran zu erinnern, wie oft wir verständnislos Putin im Album hatten, weil höchste Kreise Österreichs vor ihm niederknieten. Ansonsten sollte auch in der nochmals verschärften Krisenlage die Arbeit der österreichischen Operettenregierung nicht unkommentiert bleiben.

„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“

An dem verbrecherischen Angriffskrieg Russland ist nichts gut zu finden und es wäre das Beste, er würde augenblicklich enden. Manche Reaktionen erlauben allerdings winzige Hoffnungsschimmer. Waren nach der Krimbesetzung vor acht Jahren noch die nationalistischen Jubelschreie in Russland unüberhörbar, dann ist es gerade sehr still. Der NHL-Star und wohl beliebteste russische Sportler Alexander Owetschkin sagte einsilbig: „Bitte keinen Krieg mehr.“ Mehr war dem erklärten Putin-Freund nicht zu entlocken. Aber immerhin. Auch wächst Widerstand an der richtigen Stelle. Überall in der Welt werden die Konten russischer Oligarch:innen eingefroren, ihre Flugzeuge festgesetzt, ihre protzigen Yachten beschlagnahmt und selbst im kleinen, „unbedeutenden“ Österreich will Vizekanzler Kogler nun das Vermögen der Oligarch:innen erheben lassen. Plötzlich ist möglich, was immer undenkbar war. Früher hieß die Doktrin in Austria: Reiche dürfen doch nicht ausgehorcht und überwacht werden, wo kommen wir da hin? Und nun geht es (vielleicht) doch. Es hat lange gedauert, die Auftragsmorde der russischen Mafiosi waren bekannt, man nahm ihr Geld dennoch. Man ließ die Killer verschieben und investieren. Zuletzt wollten österreichische Banken sogar staatliche Entschädigungen für die Sanktionen gegen Russland. Kogler antwortete mit „njet“. Wer jahrzehntelang mit Kriminellen Riesengewinne einfuhr, soll jetzt die Verluste bitte wortlos wegstecken. Wer weiß, wie gut dies endet, vielleicht müssen am Ende die russischen und österreichischen Oligarch:innen sogar noch Steuern zahlen …

Kurswechsel

Bundeskanzler Nehammer und Außenminister Schallenberg stellen sich per Sonderpressekonferenz vor die Medien und sind sichtlich bewegt von den Ereignissen in der Ukraine. Sie spüren, wie die meisten anderen Menschen auch, dass schwierige Zeiten hereingebrochen sind. Die beiden Staatsspitzen brauchen allerdings nur wenige Worte, um zu belegen, dass sie der Aufgabe nicht gewachsen sind. Die „neue Systematik“ der Frage der Ukraine-Flüchtlinge sei ein „ganz anderer Fall“. Die beiden Ex-Hardliner wollen zwar Menschen aus jenem Elend, das sie selbst zuvor wortreich beschworen haben, hereinlassen, betonen aber zugleich, dies sei „gelebte Nachbarschaftshilfe“ und habe mit „Asyl und Migration“ nichts zu tun. Mit Verwunderung werden es die Menschen aus anderen Elendsquartieren dieser Welt vernehmen. Sie haben bei der Flucht vor dem Krieg in Syrien, Afghanistan oder Mali (willkürliche Beispiele) die falschen Formulare ausgefüllt! Der Zettel mit „Asyl“ ist ein wertloses Käseblatt, sie hätten den mit „Nachbarschaftshilfe“ ausfüllen sollen. Nur, wie weit reicht die Nachbarschaft? Nehammer: Die Ukraine ist ein „europäisches Land“ und es gäbe eine „europäische Familie“. So schön heimelig kann Rassismus klingen. Kanzler und Außenminister haben in einem Punkt unbedingt Recht: Österreich muss jetzt tun, was es kann, und möglichst viele Menschen aus der Ukraine retten. Dabei aber endlich eingestehen, wie falsch die frühere Abschottungspolitik war. Elend und Schmerz kennt keine Hautfarbe, die ÖVP-Hilfsbereitschaft leider schon.

„Was für ein schönes Land“

Die bekennende Panafrikanistin ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck hält „Afrika […] nicht nur [für] ein Land, aus dem Flüchtlinge kommen“, sondern auch für ein „schönes Land“. Den so gelobten Kontinent mit mindestens 54 Ländern wird’s freuen, nicht immer nur schlechte Nachrichten zu produzieren. Dass ihre Äußerung weit unterhalb der Verblödungsschmerzgrenze für eine Ministerin liegt, sieht die mit Kritik konfrontierte Ministerin nicht, sondern „entschuldigt sich „ganz offiziell bei allen Geografen“ und sonstigen Leuten, die alles so obergenau nehmen. Ignorance is bliss und kann durchaus karriereförderlich sein. Vielleicht mal mit Sarah Palin essen gehen, die war sich auch ganz sicher, dass africa ein einziges Land sei, so wie america ja auch nur eines ist.

Erinnerungskultur

Österreich im Jahr 2022, die Regierung bleibt stabil doof. Außenminister und Ex-Kurzzeitkanzler Schallenberg meint, die Ukraine-Krise erinnere ihn an 1938, auch damals habe man Österreich alleingelassen. „Wir [?] haben doch 1938 am eigenen Leib erlebt, wie es ist, wenn man alleingelassen wird.“ Dann sofort: Autschi, nein, ja eh klar, war natürlich „Missverständnis“. Dem studierten Rechtswissenschaftler Schallenberg war eingefallen, dass es „viel zu viele Menschen am Heldenplatz [gab], die gejubelt haben damals.“ Auch der „Opfermythos“ kommt nicht mehr gut, er aber habe eben das Völkerrecht gemeint. Und da habe nur Mexiko vor dem Völkerbund schriftlich gegen den Anschluss protestiert. Zwischen dem, was am Heldenplatz passiert sei, und dem Völkerrecht wolle er genau unterscheiden. Netter Versuch. 1938 war das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Österreich war eine mörderische, faschistische Diktatur unter der Führung der Vorgängerorganisation der ÖVP. (Suchauftrag: Wo hing das Dollfußbild in der ÖVP-Parteizentrale? Im Jahr 1938 gab es nicht mehr viel völkerrechtlich beizustehen, weil Pest mit Cholera ausgewechselt wurde. Im Jahr 2022 sollte gelten: Wer die Story vom Armutschkerl Austria noch immer auftischt, ist entweder sträflich unaufgeklärt oder ein Revisionist.

In den Urlaub

Ist es Trotz oder die pure Überforderung? Außenminister Schallenberg kann nicht schweigen, wo es ihm und dem ganzen Land besser täte. Zum Krieg in der Ukraine ergänzte er, dass Österreich lange „Urlaub“ von der Geschichte gemacht habe. Soll das heißen der Herr Außenminister glaube, „alles steuere der Krieg“ und geschichtlicher Wandel vollziehe sich nur, wenn die Bomben regnen? Unterstellt er damit am Ende, Österreich sei verweichlicht und greife nicht genügend handgreiflich ein? Gedenkt er dies zu ändern? Es wird Zeit, dass jemand Schallenberg eine Schachtel „Stratego“ oder „Risiko“ unter den Arm klemmt und ihn an einen schattigen Platz im Garten geleitet, damit er sich dort seinen Brettspielen widmen kann.

Erinnerungskultur 2

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka wird langsam die Unguided Missile der ÖVP-Geschichtsauffassung. Zunächst ist er sauer wegen der „Vorverurteilungen“ gegen ihn, womit er meint, dass nach einem Jahr seiner Vorsitzführung des Untersuchungsausschusses alle Parlamentsparteien außer der eigenen ÖVP ihn für ungeeignet halten, den Vorsitz erneut zu übernehmen. Wir lernen somit, dass sich im Laufe eines Jahres unmöglich bereits Urteile bilden lassen, sondern nur „Vorurteile“. Für eine eingehendere Bewertung braucht es sicherlich Jahrzehnte. Zum Beispiel kann heute erst allmählich das Jahr 1933 vorverurteilungsfrei beurteilt werden. Damals wurde in Österreich das Parlament ausgeschaltet und heute passiere das gleiche, indem Sobotkas Vorsitz in Abrede gestellt wird. Kapiert? Glasklarer Vergleich, frei von jedem Vorverurteil, ganz auf Fakten gegründet. Sobotka: „Es ist in der Dimension natürlich nicht vergleichbar, aber formal der Sache nach.“ Klingt somit nach einem wirklich guten Vergleich. Beflügelt vom eigenen Vergleichserfolg legt Sobotka nochmals nach: „Die Ukrainer müssen in der Ukraine bleiben und letztlich ihr Land verteidigen. Was wäre gewesen, wenn alle Österreicher nach 1945 geflohen wären?“ Nach 70 Jahren endlich dieser Durchblick: Die Besatzungsmächte USA, GB, Frankreich und UdSSR waren somit damals das, was heute Putins Russland ist und Österreich damals die überfallene Ukraine heute. Es gab dann doch gewissen Widerspruch auch aus der eigenen Partei: „Pssst, lieber Wolfgang, bei allen Vergleichen niemals vergessen: Die Nazis waren die Bösen.“

Miese Grüne

Ja, die Grünen sind wirklich schlecht an der Macht, das hat das Poesiealbum nun schon mehr als einmal belegt. Dass sie aber auch ausgerechnet in ihren vermeintlichen Kernthemen komplett versagen, ist nur mehr schwer auszuhalten. Bei der Neuordnung des Familienrechts sprechen sich Grüne für die „Verantwortung für Väter“ aus. Denn eine „Gleichstellung der Elternteile [führe] somit [zu] einer gerechteren Aufteilung der Betreuungslast“. Come on! Das ist schmerzhaft weltfremd. Vielmehr muss der wirtschaftlich stärkere Teil nach einer Trennung verpflichtet werden: „Du zahlst für die Kinder, egal was du dir für Ausflüchte ausdenkst, lieber Besserverdiener!“ Wenn aber die Eheleute mit gemeinsamer Obsorge und entsprechenden Betreuungsverpflichtungen aneinandergekettet werden, dann ist immer der wirtschaftlich schwächere Teil (meist ist es die Frau – warum nur?) in Gefahr, unterdrückt und erpresst zu werden. „Er“ kann einfach behaupten, er würde sich ums Kind kümmern, aber „sie“ muss es tun. Dieses Machtverhältnis zu erkennen, dem keine amtliche „Überprüfung“ (mit Fragen wie: „Welche Schuhgröße hat denn der Kleine?“) etwas anhaben kann, ist das feministische Einmaleins, das die Grünen entweder nie kapiert oder in dieser allzu bürgerlichen Regierung vergessen haben.

Think Austria

Der Thinktank „Think Austria“, gegründet von einem gewissen S. Kurz, wurde von dessen Nachfolger im Bundeskanzleramt Karl Nehammer aufgelöst. Der bedankte sich bei der Leiterin, der Unternehmensberaterin Antonella Mei-Pochtler, für ihre „jahrelange ehrenamtliche Tätigkeit“. An dieser Stelle stutzt der/die interessierte Leser:in. Ehrenamtliche Tätigkeit für die ÖVP? Dass so etwas überhaupt möglich ist, also rein im Dienst der guten Sache zu agieren und sich dabei um „strategische Themen für die Entwicklung Österreichs“ zu kümmern. Hier ist somit eine ausgezeichnete Chance für alle, die mal so richtig was fürs eigene Land tun wollten, leider verloren gegangen. Die „besten Köpfe“ hatten sich engagiert, um ehrenamtlich mitzuthinken, vom Wirecard-Chef Markus Braun (derzeit JVA Augsburg-Gablingen) bis hin zum ungekrönten Corona-Party-König „Mr. Runtastic“ Florian Gschwandtner. Der Ibiza-Ausschuss durfte die knapp zehntausend Mails des Tanks leider nicht sehen, womit auch den letzten Zweifler:innen klar sein dürfte, dass hier sicher keine geheimen Spenden geflossen sind. Ein Wermutstropfen nach vier Jahren toller Arbeit bleibt allerdings: Es sind keinerlei Ergebnisse der Tätigkeit des Thinktanks bekannt. Die Überlegungen standen wohl noch ganz am Anfang. Uhweh, so schade.