MALMOE

Kairo – Budapest – Berlin

Regierungsspitzen (#9)

Kairo 

Der US-Außenminister Mike Pompeo redete an der Universität in Kairo und machte deutlich, welcher Regierung er eigentlich angehört. Auf seinem Schreibtisch läge stets die Heilige Schrift aufgeschlagen, um ihn an Gottes Wort und Wahrheit zu erinnern. Hmmm. Welche Seite er da wohl aufgeschlagen hat? Die Schöpfungsgeschichte oder die Offenbarung des Johannes? Dem aufgeschreckten Publikum bleibt hier nur die verzweifelte Frage des Pontius Pilatus: „Was ist Wahrheit?“ Fraglos sind Mike Pompeo und Vizepräsident Mike Pence als Vertreter der Evangelikalen hochgefährliche Spinner, die man weit von öffentlichen Ämtern hätte fernhalten müssen. Dass das Christentum mit seiner fatalen Endzeitlehre die wohl gefährlichste Religion auf Erden ist, mahnte bereits Noam Chomsky. Wer den US-Außenminister in Ägypten reden hört, kann keinen Zweifel mehr haben, wie brandgefährlich die Trump-Administration ist. Pompeo wolle den „unbeendbaren“ Kampf weiterführen bis zur (Festhalten!) Entrückung. Also jenem apokalyptischen Moment, in dem die braven Evangelikalen zum Himmel auffahren und die Erde hinter ihnen explodiert. Klaro, jemand mit diesem geistig-moralischen Hintergrund ist als Chefdiplomat vorzüglich geeignet. Max Weber analysierte seinerzeit die Formen „charismatischer Herrschaft“ und erkannte im Umfeld der Religion ein Spektrum, das vom simplen Betrüger bis hin zum Verzückten reicht, der sich glaubhaft im Besitz von Offenbarungswissen wähnt. Nun, bei der übellaunigen Bulldogge Mike Pompeo dürfte glasklar sein, dass er niemals irgendwelche übersinnlichen Gesichte hatte, aber anders als frühere Herrscher*innen, die einen apokalyptisch-religiösen Fanatismus predigten, kann Pompeo die Welt leider tatsächlich in die Luft sprengen.

Budapest 

Leugnen nützt nichts: Die ungarische Regierung hat Erfolg. Stolz weist sie darauf hin, dass sie die intellektuelle Diskussion um die „Flüchtlingskrise“ „gewonnen“ habe und auch die Opposition hinter vorgehaltener Hand zugeben würde, der Grenzzaun sei eine gute Idee. Das stimmt zwar so nicht, mit Verdrehungen dieser Art wird Fidesz aber leider auf unabsehbare Zeit parlamentarische Mehrheiten erzielen. Dies hat zwei Gründe. Die Menschen in Osteuropa haben leidvoll erfahren, was der rechtsradikale Snob Ernst Jünger wie folgt ausdrückte: Östlich der Linie Wien—Berlin wird keine Weltgeschichte mehr gemacht. Die EU-Erweiterung 2004 hat an diesem westlichen Chauvinismus nicht viel geändert. Viktor Orbán aber verstand es geschickt, die „ungarische Nation“ auf die Weltkarte zu poltern. Die Magyar*innen sind ihm dankbar für diese Aufmerksamkeit. Mit fehlgeleiteter Hoffnung meint man jetzt, man sei wer und übersieht, wie mit nationalistischer Abgrenzung kein Problem gelöst werden kann. Dieser Schmäh funktioniert leider überall in der Welt recht gut. Der zweite „Erfolgsgrund“ ist die allgemein vorhandene und gut geschürte Angst vor dem „Globalen“. Klimawandel, anstehende Weltwirtschaftskrise und die zahlreichen Kriege werden so gedeutet, dass viel zu viele Menschen in Gegenden leben, in denen sie nicht bleiben können. Aufhalten könne man sie nur durch Zäune, Mauern und notfalls mit Gewalt. Diese Angst schweißt zusammen und Fidesz nutzt dies aus. Widerspruch erfährt Orbán aus dem Westen – der Gegend, wo traditionell Weltgeschichte gemacht wird – nur mehr wenig, wohl weil man weiß, dass mit Austeritätszwang und neoliberalem Sozialabbau den Menschen ihre Sorgen ohnehin nicht zu nehmen sind. So installiert sich in der EU eine autoritäre Kleptokratie, die den Blick mittlerweile fest in den Osten zu Mütterchen Putin und ins Reich des ewigen Xi richtet.

Berlin 

Wenn jemand qualifiziert ist, die Debatte um das Recht auf Schwangerschaftsabbruch zu führen, dann selbstverständlich Jens Spahn. Schließlich sind Frauenkörper öffentliches Eigentum und damit letztlich Staatssache. Der Staat, das sind Männer wie Jens Spahn, der amtierende Gesundheitsminister der BRD. Als solcher sorgt er sich um die Gesundheit von Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Deshalb wird er nun eine von der deutschen Bundesregierung mit 5 Millionen Euro unterstützte Studie durchführen lassen, um „Informationen zur Häufigkeit und Ausprägung seelischer Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen [zu] gewinnen“. Eine Reihe bestehender ­Studien, die derselben Frage nachgehen, könnte schließlich aus politischen Motiven verfälscht worden sein. Immerhin widerlegen sie die Existenz eines Post-­Abortion-Syndroms. Doch das höchste Glück der Frau ist nun einmal das Mutterglück und an dieser Tatsache werden auch gegenteilige Studien nichts ändern. Spahn will also Frauen „nur“ vor sich selbst schützen, sie an die Hand nehmen und ins Licht führen: Eine schwangere Frau ist nichts weiter als ein „uterines Versorgungssystem für den Fötus“ (Barbara Duden).