MALMOE

Turnierimpressionen

Bike.Polo.Stadt. #12

Die Pony Asphalt Force war wieder einmal unterwegs. Wir sind ausgeritten ins südmährische Kyjov, zu einem der familiärsten und gemütlichsten Poloturniere überhaupt. Monarchy League heißt der Turniermodus, den sich die gastfreundlichen Tschechen einfallen haben lassen – TeilnehmerInnen aus allen ehemaligen k.u.k. Staaten sind willkommen und treten gegeneinander an. Zumindest theoretisch. Praktisch wurde dann doch wild zusammengewürfelt, jede kennt schließlich jede und es macht noch mehr Spaß, mit Freunden zu spielen, die man vielleicht zuletzt vor Monaten bei einem anderen Turnier gesehen hat. SpielerInnen aus Polen, Ungarn, Tschechien, Slowenien, Rumänien und Österreich waren gekommen und so spielte der Autor schließlich in einem polnisch–tschechisch–rumänisch–österreichischen Team. Die aufmerksame Leser_in wird sich fragen: Vier Nationen? Spielen beim Polo nicht 3 gegen 3? Stimmt schon, in Kyjov aber nicht. Der Platz lässt zwar ob seines wunderbar griffigen Asphalts jedes Poloherz ein paar Takte schneller schlagen, auch die räumliche Nähe von wenigen Metern zu einer Herberge eignet sich vorzüglich, um in Turnierstimmung zu geraten („Vor’m Frühstück noch ein kleines Pickup*?“), ist aber relativ groß dimensioniert. Sechs SpielerInnen geraten schnell an ihre körperlichen Grenzen, wenn sie ständig die Weiten dieses Platzes durchmessen müssen. Deshalb wird 4 gegen 4 mit Bench, also AuswechselspielerInnen auf der Bank, gespielt … Und zwar 40 Minuten lang. Die SpielerInnen dürfen, ja müssen, während des Spieles wechseln. Wer schon einmal ein Poloturnier gesehen hat, weiß, dass 40 Minuten Polo ohne Unterbrechung bei aller Liebe zum Sport nichts ist, das mensch mehrmals am Tag machen möchte. Die Liebe zum eigenen Körper ist dann doch noch ein klein wenig größer als die Liebe zum Sport. Also wird fleißig unter den SpielerInnen aus den verschiedensten Ecken der ehemaligen Monarchie gewechselt.

In Kyjov wurde uns wieder einmal bewusst, wie wenige PolospielerInnen es eigentlich gibt und wieviel sie in Kauf nehmen, um ihre Sportart ausüben zu können: die weiten Anreisen zu Turnieren, die Schwierigkeiten, Equipment aufzustellen, oder schlicht die nächsten PolospielerInnen zu finden. Tomáš Báša aus dem 2300-Einwohner Städtchen Plumlov in Mähren war das erste Mal auf einem Turnier. Es stellte sich heraus, dass er seit einem Jahr alleine Polo spielt. Er ist Polo in Plumlov! „Solopolo“ at its best or worst – je nachdem wie man es sieht. Nach Kyjov hatte er sich gewagt wie Robinson Crusoe nach seiner Rettung ans Hotelbuffet. In ängstlich freudiger Erregung. Endlich mal richtig … Polo spielen … aber wie ist das eigentlich?

Oder die drei Pintari-Brüder aus Slowenien. Sie und ihr Cousin Blaž sind momentan die einzigen vier aktiven Polospieler im ganzen Land. Meisterschaft ist eine Familienangelegenheit. Der jüngste der drei Brüder ist erst elf und hat von seiner Mutter noch Turnierverbot auferlegt bekommen. Wir alle freuen uns schon darauf, ihn das erste Mal spielen zu sehen. Der zweitälteste Bruder ist seit letztem Jahr im Turnierzirkus dabei – und mit 16 Jahren schon jetzt ein großartiger, schneller und vor allem sehr trickreicher Polospieler. Die Familien Pintari in Slowenien oder Báša in Plumlov hätten sicher nichts gegen ein paar weitere MitspielerInnen einzuwenden. Trotzdem dran zu bleiben, auch wenn sich sonst niemand findet, ist beeindruckend.

Wir PolospielerInnen in Wien leben dagegen in goldenen Zeiten. Seit diesem Jahr wächst die Community stetig und schnell. Der Schnuppertag auf der Schmelz Anfang April war ein voller Erfolg. 15 Interessierte – fast die Zahl der derzeit Aktiven! – sind gekommen, fünf sind geblieben und spielen nun regelmäßig mit. Momentan sind wir in Wien die zweitgrößte Polocommunity in Europa, auch dank des regen Zuzugs aus Graz und Zürich. Langsam wird der Platz knapp – und die Forderung nach einem eigenen Polocourt in Wien immer lauter. Ready? POLO!

*Pickups sind Spiele, in denen keine fixen Teams gegeneinander spielen, sondern so: Wer Lust und Laune hat, wirft seinen Schläger auf den Platz und dann werden aus 6 Schlägern 2 zufällige 3er Teams gezogen.