MALMOE

Im Cage

Bike.Polo.Stadt. #23

Mitte Mai kann es vielleicht wieder losgehen! Die Vorfreude bei uns PolospielerInnen ist natürlich groß. Es scheint eine realistische Chance zu geben, wieder auf unseren Platz auf der Schmelz zu können und die rosa Kugel rollen zu lassen. Endlich mal wieder schmelzen!

In den letzten Monaten haben sich manche von uns in den einschlägigen Sportkäfigen dieser Stadt herumgetrieben. Ein klein wenig Nostalgie war mit dabei – es war wie früher, als wir mit Bikepolo begonnen hatten, uns nicht zu den wilden, erfahrenen SpielerInnen auf der Schmelz getrauten und lieber im Käfig an unseren ersten zaghaften Schüssen und Pässen herumprobierten. Zumindest teilweise. Früher fiel uns nämlich der schlechte Bodenbelag in den Käfigen gar nicht auf, Ballführung war sowieso großteils Glücksache.
Definitiv wie früher war das Miteinander und Gegeneinander im Cage. Ein Abbild der Gesellschaft. Wer glaubt, im Cage herrsche das Recht des Stärkeren, war noch nie in einem. Wie außerhalb gilt selbstverständlich das Recht des Dümmsten. Solange der Klügere nachgibt – und das macht er in der Regel. Die Kosten-Nutzen-Rechnung, einen völlig durchgeknallten Vater Mitte Vierzig davon zu überzeugen, dass er wie alle anderen FußballerInnen, BasketballerInnen und PolospielerInnen abwechselnd und nicht permanent den Platz benutzen kann, um sein Kind im Volksschulalter zum Basketball zu zwingen, fällt, ihr ahnt es bereits, katastrophal aus. 40 Jahre verpasste Bildung aufholen, nachdem man 40 Jahre Propaganda aus seinen Hirnwindungen gespült hat und das in ein paar Minuten? Niemand kann das. Wir müssen mit diesen Menschen leben, egal wie viel besser die Menschheit es eigentlich bereits wissen müsste. Ob es solche Menschen auch gäbe, wären sie kein Erfolgsmodell, können wir nicht wissen. Aber dass sie mit ihrem Egoismus Erfolge einfahren, das wäre verhinderbar. Erst unsere Untätigkeit ermächtigt solche Menschen und ermöglicht es ihnen, sich durchzusetzen.
Praktisch stellt sich die alte Frage: Auf welcher Ebene tritt man dem Ungeist entgegen? Auf seiner oder der objektiven, im Rahmen der Möglichkeiten pluripotenter Wesen? Geist besitzt der Ungeist schließlich nicht, es ist folglich ein heikles bis unmögliches Unterfangen, ihm sein Fehlverhalten klarzumachen und ihm auf seiner Ebene entgegenzutreten bedingt Gewalt, physische oder psychische, da seine Ebene Gewalt ist. Damit befindet man sich auch noch im Konflikt mit dem Gewaltmonopol, das es eigentlich durch Kontrolle zu unterstützen gilt.

Wie also agieren, innerhalb wie außerhalb des Käfigs? Zehn Minuten hätte der erwähnte Vater warten müssen bis er wieder an die Reihe gekommen wäre. Nach fünf stand er am Platz und informierte uns brüllend, dass er einfach nur hier in der Mitte des Käfigs stehe. Gewalt eben. Gegengewalt, also ihn ignorieren, weiterspielen und bald in ihn hineinfahren? Nein, natürlich nicht, auch wenn es richtig gewesen wäre. Denn wie bereits erwähnt: Unsere Untätigkeit ermächtigt solche Menschen erst, nicht ihre Bereitschaft zum ethischen Fehlverhalten. Aber wir waren nicht bereit dazu, ich war nicht bereit dazu, und so kam es, wie es so oft kommt: Niemand außer einem Kind, das gar nicht wollte, nutzte den Platz. Alle hatten verloren. Das ist keine ausgedachte Geschichte, sondern genau so passiert. Ein Mensch kann 20 anderen, die ohne ihn gut miteinander auskommen würden, alles kaputt machen. So banal, so schrecklich.

Diese Geschichte ist leider kein Einzelfall. Jene Menschen, die sich gegenüber den NutzerInnen der öffentlichen Sportstätten asozial verhalten haben, waren übrigens alle Männer. Damals, als wir mit Polo begonnen haben, und heute in der Pandemie ebenfalls. Keine einzige Frau. Ich erwähne es, weil es erwähnt gehört, weil es auffällig ist, weil es ein Puzzlestein ist, ohne das das Gesamtbild und seine Interpretation nicht stimmen würde. Es ist kein Zufall, auch wenn das vielen Rechten in ihren einfach gestrickten, realitätsfernen Märchenwelten lieber wäre.

Von Solidarität in der Pandemie konnten wir bei unseren Cage-Abenteuern den letzten Monaten übrigens durchaus viel mitbekommen, aber eben von jenen Menschen, die auch schon vor der Pandemie keine Arschlöcher waren. Der kleine Teil an dumpfen, dummen und egoistischen Mitmenschen hat sich durch die Pandemie natürlich nicht geändert und nimmt innerhalb und außerhalb der Sportkäfige immer noch den Rest der Menschheit in Geiselhaft.

3,2,1 … Polo!