MALMOE

Zuviel Hitze im Polizeistrandbad

Neue geheimnisvolle Fälle von Inspektor Zwezler und seinem Partner Moik

Inspektor Zwezler prüfte die auf der Plastikgabel steckenden Pommes, tauchte sie ins Ketchup und schob sie in den Mund. Kauend wandte er sich zum Moik: „Also, mein lieber Kollege, die Pommes Frites in unserer Kantine sind wirklich hervorragend. Da kann man nichts sagen. Der Koch versteht sein Handwerk.“

„Die macht die Dunja. Die hat schon bei der jugoslawischen Armee gekocht. Sie müssten einmal ihre Pljeskavica kosten. Die sind ein Gedicht.“

„Achso? Ich mag Gedichte eigentlich nicht so. Mir ist das Frittierte lieber.“

Der Inspektor Zwezler und der Moik waren am Nachmittag auf der Liegewiese eingeschlafen und hatten sich eben etwas von der Kantine geholt. Der Moik hatte zuerst nicht gewusst, woran es lag, ob am Spritzer, den er wegen des Durstes runtergestürzt hatte oder doch an der Sonne, aber irgendwas stimmte nicht mit dem Inspektor Zwezler. Als er den Inspektor aber leicht belämmert an dem am Baum angebrachten Rettungsring lehnen sah und beobachtete, wie er nach einigen Fehlversuchen nun die Plastikgabel hinter sich warf und mit den Fingern weiter aß, wobei ihm immer wieder eine Fritte zwischen den Fingern wegrutschte, war er sich nicht mehr so sicher. Wie hätte sein Spritzer auch den Inspektor in solch einen Zustand versetzen sollen.

„Mein Moik. Ist Ihnen auch so heiß im Kopf. Mir ist, als wäre mein Hirn voller Vorratsdaten. Ich brauch etwas zum Erholen.“

„Gehen wir zum Schießstand? Dort drinnen hat es zwar eine Affenhitze, aber Sonne kommt da keine rein. Und ein bisschen Schießen hat Ihnen doch immer gut getan. Sind halt nur Zielscheiben.“

„Nein, nicht schießen.“
In dem Moment kam der Kollege vom Rechtsextremismus in Schlapfen und Strohhut vorbei.„Na, Herr Kollege, gemma heute mit einem Bauchschuss baden?“

„Bauchschuss? Nicht, dass ich wüsste. Spüren tu ich nichts.“

Der Moik setzte gerade elegant zu einer schlagfertigen Antwort an, jedoch kam keine. Sein Hirn war wie ausgedörrt. Etwas vertrottelt stand er mit seinem Spritzer und der linken aufgedrehten Handfläche da und sah, wie der Inspektor mit seinem Zeigefinger einen mächtigen Ketchupfleck von seinem Bauch hob und auf die Baumrinde schmierte. Das meinte der Kollege, dachte er sich noch, als dieser schon zum nächsten Schlag ausholte. „Ich sehe, ihr seid im Einsatz. Da will ich nicht länger stören. Wenn’s gefährlich wird, ruft einfach nach dem Bademeister. Ich verdrück mich an die Smoothie-Bar.“

Der Inspektor deutete ihm mit einem kraftlosen Fuchteln, dass er doch bitte kurz bleiben sollte. Einzig die Ketchupspur, die vom Handrücken bis zum Ellbogen reichte, machte das Ganze ein bisschen dramatischer. Der Kollege vom Rechtsextremismus trat nun näher, aber leider warf der Baum nur einen Einmannschatten, den Zwezler bereits sehr großzügig ausfüllte.

Neidig wischte er die Schweißperlenkette von der Stirn und strich über Zwezlers Schulter: „Seit der blade Küssl im Häfn is, bin ich ja oft zum Nichtstun oder vielmehr zur Verbrechens­prophylaxe …“ „Wie die Zahnpasta – aktiv, bevor sich was rührt oder fault“, unterbrach ihn Zwezler und wäre fast aus seinem Schattenreich in die sengende Sonne gefallen. Moik sprang dazwischen und lehnte ihn behutsam, aber sehr stabil an den Baum. Jetzt wirkte Zwezler, ketchupverschmiert und kurzatmig nach Luft ringend, wie der Kollege von der verdeckten Ermittlung, der trotz Beamtshandlung durch eine ganze WEGA-Kompanie seine perfekte Tarnung partout nicht aufgegeben hatte. Das hatte dem Moik damals ziemlich imponiert, doch die flimmernde Hitze verwischte auch dieses Bild.
Zwezler sammelte sich kurz und keuchte: „Ob das neue Staatsschutzgesetz noch vor dem Sommerloch … ?“

„Wir brauchen’s ned so dringlich, das Verbotsgesetz ist doch der beste Lackmustest. NSDAP bist a Weh, hast drauf kan Reim, gehst wieder heim, that’s the deal!“

Moik und Zwezler wunderten sich, wie der Kollege trotz tropischer Temperaturen die Exekutivarbeit in so einfache Formeln gießen konnte, Moik kam sogar ein anerkennendes Pfeifen über die verdorrten Lippen.

„Bei uns…“, und es verging eine gefühlte Ewigkeit, bis Zwezlers Gedanke die Stimmbänder gefunden hatte, „bei uns stellt sich die Frage nach Kritik und Ablehnung des Staates. Wir sind ja Gesetzeshüter und Staatsschützer in Personal…“

„… union“, assistierte Moik und fügte hinzu: „Also ab wann dürfen wir denn dann zuschnappen?“

„Je früher, desto besser. Bei den Anarchos, Kummerln und anderen Krawallos gibt’s ka konstruktive Kritik, da schwimmen immer Ablehnung und eine Alternative zum Staat mit“, versicherte der Kollege und blickte sehnsüchtig in Richtung Wasser.

„Also stehen die jetzt noch schneller mit einem Fuß im Kriminal?“, schöpfte Moik Zuversicht.

„Das ganze linkslinke Dasein ist bald eine einzige Untersuchungshaft… also so symbolisch gesagt“, erklärte Zwezler, „Da hat die Rechtsabteilung ganze Arbeit geleistet.“

„Tarockieren die nicht gerade drüben im PSV-Beisl?“, warf der Kollege vom Rechtsextremismus ein.

„Diese Einsatzbesprechung hat mir die Kehle ausgetrocknet!“, so der Moik, die Gelegenheit nutzend und sein leeres Spritzerglas schwenkend. Der Inspektor setzte sich daraufhin sofort in Bewegung, schob sich zwischen die beiden Kollegen, „mit diesem Staatsschutzgesetz können wir eine pipifeine demokratische Diktatur erstellen“, und legte seine Arme um deren Schultern. So bahnte sich das Trio, teils wackelnd, teils beschwingt den Weg durch die schwitzende Menschenmasse in Richtung Kantine.