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MALMOE

Sprechen Sie meine Sprache?

Zwischeneinträge ins österreichische Stammbuch in einem schmutzig-heißen Wahlkampf 2019.

Worte, Worte, nichts als Worte. Wie ermüdend sind doch diese. In Zeiten der Post-Politics werden die Wähler*innen mit so was aber nicht mehr groß aufgehalten. Das Wort erscheint nur mehr als Schlagwort und die eigentliche ­Message muss in ein Bild gepackt werden. Deswegen blickt MALMOE im Wahlspezial auf die Plakate der wahlwerbenden Parteien. Ein Sittenbild, für das kaum Worte zu finden sind.

ÖVP

Wahrheit war gestern, jetzt kommt die Klarheit. Irgendwie klar ist, dass das alles nicht wahr ist, aber wenigstens dürfen sich die Wähler*innen denken, wir haben es selbst gewählt. Kurz verlautbart knapp wie in Entenhausen: „Sie haben die Wahl, die wir gewinnen“. Details sind wurscht, ER (genannt „Einer“) ist einfach nett und die (österr. Parlament und diese lästige Demokratie) waren so schiach zu ihm. Gö, schau, wie er mit den Kindern spielt, liab. Allerdings ist nicht ganz klar, ob das geschulterte Kind auf dem Plakat migrantisch ist und von Kurz persönlich hinter die Grenze getragen wird. Aber alle lachen. Die Fotos von Kurz sind nach Aussage der Macher*innen völlig uninszenierte Schnappschüsse von der sommerlichen Wahlkampftour, die eigentlich kein Wahlkampf war, und das ist sicherlich die Klarheit, denn da war schließlich alles inszeniert. Die Daheimgebliebenen wie z. B. Ex-Minister Blümel mussten sich anders helfen und studierten ausgiebig Beispielfotos aus medizinischen Fachbüchern zum Thema „substanzinduzierte Persönlichkeitsveränderung“. Die grimassierende Imitation der pathologischen Physiognomie sitzt perfekt.

SPÖ

In dem Film Body Snatchers erobern außerirdische Wesen menschliche Leiber. Äußerlich freundlich und normal agierend, brodelt unter der humanen Hülle das Alien. Die Plakate der SPÖ versuchen dies eindrucksvoll zu illustrieren. Niemand in der Partei hat sich bis heute erklären können, weshalb nach dem Bekanntwerden des Ibiza-Videos die Umfragewerte der SPÖ in den Keller gingen und man die EU-Wahlen krachend verlor. Die Spitzenkandidatin Rendi-Wagner lächelt vom Plakat hierzu milde und lässt beim Spruch „Menschlichkeit siegt“ das „M“ zu einem Herzl verbiegen. Keine Frage, die Stimmung in der SPÖ muss oberscheiße sein und alle kochen innerlich. Man würde gerne losbrüllen und plakatieren: „Seid’s olle ang’rennt!?!“ Aber geht das? Lieber umwirbt man die Wähler*innen wie einen ehemaligen Geliebten, dem man süßlich, aber ein wenig spitz, mitteilt, wie viel besser er es bei einem gehabt hätte (z.  B. billigere Zug-­Tickets). Aber nein, er musste sich ja der rechten Pottsau an den Hals werfen. Selber schuld. Mit traurig-verzweifelter Zuversicht blicken die Kandidat*innen aus der Wäsche und wissen natürlich, dass die Menschlichkeit nicht siegt, wenn man das einfach behauptet. Vielmehr ist es so, dass immer dann, wenn wer seinen eigenen Sieg aufs Plakat schreibt, die Niederlage gewiss ist. Das BZÖ ließ seinerzeit plakatieren: „Mut gewinnt“, und landete auf dem Gesicht. Heute gibt es die Partei nicht mehr.

FPÖ

Wer an einem Dreiecksständer der FPÖ vorbeigeht, begreift, wie genau die FPÖ ihre Wähler*innen kennt. Auf der einen Seite ist der Herr Hofer zu sehen, kurz hinterm Eck des Ständers dann in gleicher Größe, gleicher Statur, gleicher Klamotte und etwa gleicher Frisur der Herr Kickl. Der eine (Hofer) lächelt, der andere (Kickl) schaut grimmig. „Klick, klack“ macht es in den Ganglien der Hohltiere. Hell/dunkel und gut/bös, das sind so binäre Codes, die aus dem „Good Cop, Bad Cop“-Schema bekannt sind. Habe verstanden, klick, klack, FPÖ kann beides. Zum Manichäismus der Totalverblödung kommen dann noch die bekannten Sprücherl, allen voran die Giftpflanze „Heimattreu“ (tötet alles Fremde bei Berührung) und dann „sozial“, „fair“, natürlich mit „Sicherheit“. Es juckt ja keine Nacktschnecke, dass das alles nur dahergeschwafelt ist. Wer macht bei den Blauen noch den Reality Check? Die Wahlkampfaussagen müssen in keinem Zusammenhang mehr stehen zur Wirklichkeit. Kleiner Trick für F-Wähler*innen (am besten gleich daheim testen): Augen zu und es ist plötzlich Nacht. Augen auf und es ist wieder Tag. Total irre, oder? Funktioniert immer und überall.

Grüne

Lebe in Deinen Traum. Die Plakate scheinen das nächste ­Marvel-Movie zu bewerben. Aufgeregte Hintergründe im Comic-Stil, ein Bösewicht schießt, ein rauchender Fabrikschlot aus einer Endzeitwelt. Davor aber der strahlende Held in Form von Werner Kogler. Möglich wird die Gestalt Super-Kogler, weil die grünen Macher*innen nicht die matte Naturvorlage Werner Kogler verwendeten, sondern das per Photoshop erstellte innere Sphärenbild dessen, wie sich Kogler empfindet. Die Haut ist straff, das Baucherl weg, alles so wie vor zwanzig Jahren, und genau dahin wollen die Grünen ja auch zurück. Die Schlagworte geben Gewissheit. Es geht um „Anstand“ und man ist fürs „Klima“. Dabei wird die besondere grüne Mischung aufgetischt. Man will viel tun und vieles besser machen und dabei den Wähler*innen bloß nicht aufs Fußerl steigen. Reformen kriegen nur die bösen „Bonzen“ und Klimasünder zu spüren, und das sind immer die anderen. Eine echte Aufgabe für überfliegende Superhelden. Diesen Spagat schaffen aber auch nur die, und dafür brauchen sie eine Traumwelt, in der niemand das Wort Kapitalismus in den Mund nehmen muss.

NEOS

Vom Plakat lächelt Prinzessin Leia gemeinsam mit Darth Vader herab, der jetzt seine Maske abgenommen hat. Tarnung ist nicht mehr nötig und wir lernen, es war der Herr Brandstätter der immer so gruselig unter dem Helm geatmet hat. Jetzt blicken beide ihren Opfern milde und entspannt entgegen, denn sie wissen, die Macht ist auf ihrer Seite und es ist letztlich unerheblich, welche der Parteien das neoliberale Programm durchsetzt. Deswegen haben die NEOS mit „Macht sonst keiner“ auch den ehrlichsten Wahlspruch gewählt, denn es geht tatsächlich nur um die „Macht“ und zählen tut „sonst keiner“. Man will auch gerne an „Übermorgen denken“ und tut dies natürlich mit den Ideen von vorgestern, denn das Star-Wars-Universum ist bekanntlich keine Science-Fiction, sondern erzählt aus uralter Vergangenheit. Wer NEOS wählt, will ja auch, dass alles so schön fies bleibt wie es ist und am Ende immer die reichen Bösewichte gewinnen. Man schuftet bereitwillig tagaus tagein im Getriebe des Todessterns, weil man glaubt, eines Tages würde einen die Macht erwählen. Macht sie aber nicht. Identifikation mit der Macht ist halt was für Doofe. Allenfalls versprechen die NEOS, ihre Machtausübung etwas sauberer zu machen als die anderen, und dies wohl im Sinne von medizinisch sauberen Schnitten durch die verbliebenen Arterien des Sozialstaates.

Liste Jetzt ein Pilz

Keine Plakate und keine Chance. Bravo, alles richtig gemacht.

Andere

Man kann der KP nicht vorwerfen, sie würde es nicht immer wieder versuchen. Mit KPÖ+ hat sie verschiedene Gruppierungen eingesammelt und wird mit denen gemeinsam mutig unter der 0,8-Prozent-Hürde hindurchspringen. Ärgerlich für linke Bündnisse, die gemäß ihrer Inhalte von knapp der Hälfte der Menschen in Österreich gewählt werden würden (siehe diverse online Wahlkabinen). Die Personen auf den Plakaten versuchen trotzdem nett zu schauen. Der eine von ihnen ist übrigens Professor für Mykenologie – die Kummerln wissen einfach, was bei den Massen ankommt. Herzhaft ungeschickt ist nur der Wahlspruch: „Wir können“. Wie geht der Satz denn weiter? Wir können: … „nicht mehr“, … „brausen gehen“, … „gleich einpacken“? Bisschen zu ehrlich das Artwork. Alle Linken konnte die KP nicht einsammeln, weshalb auch noch „Der Wandel“ kandidiert. Das Logo sind mehrere, übereinandergelegte Kreise. Eh klar, man dreht sich in ebendiesen und dazu der vieldeutige Spruch: „Es gibt viel zu gewinnen“. An Erfahrung vermutlich.