MALMOE

Fragen an den Mistkübel

Uff, wann haben Sie das letzte Mal geduscht?

Nun ja, in etwa alle zwei Wochen werde ich ein bisschen ausgespült – aber wenn am nächsten Tag gleich wieder eine dreckige Windel in mir landet, dann stinke ich eben bis zur nächsten Waschung. Und diese ist, sagen wir mal, eher oberflächlich.

Sie persönlich hängen ja im öffentlichen Raum an einer Stange am Gehsteig. Wie stehen Sie zu Ihren KollegInnen, die in den Wohnungen drinnen, im Warmen, stehen. Neid?

Keineswegs! Ich bin ständig an der frischen Luft und sehe täglich neue Leute, habe also ein gute Sicht auf die Dinge um mich. Eine Freundin von mir, sie steht wie die meisten Wohnungs-Mistkübel eingesperrt in einem Kastl unter der Abwasch. Sie klagt sehr über die Fadesse. Den ganzen Tag passiert nichts und wenn dann mal was ist, dann bekommt sie auch nur eine Hand zu sehen und den Mist, der dann eben in ihr landet. Und der ewige Streit, wer denn nun den Müll runterbringt – wieder die S. oder doch auch endlich mal der Mitbewohner F. Das nervt!
Bei uns, also den Mistkübeln im öffentlichen Raum, ist die Sache klar. Hier ist die Reproduktionsarbeit bezahlt. Und liegt in Männerhand. Also ganz anders als bei der unbezahlten Hausarbeit.

Dafür brennen Sie manchmal – bei Protesten dienen Sie nicht selten als brennbarer Untersatz.

Also erstens betrifft das mehr meine größere und rollbare Cousine zweiten Grades, die Mülltonne. Wir Mistkübel werden selten absichtlich in Brand gesteckt – viel mehr brennen wir oft weil irgendein Dodel mal wieder seine Tschick nicht ausdrücken konnte. Und dann stinken wir elendig und die Rauchentwicklung ist enorm.
Und zweitens kommen brennende Mülltonnen als Ausdruck politischen Protests in Österreich quasi kaum vor. Die letzte größere G’schicht war 2010 als ein paar Mülltonnen vor dem Arbeitsmarktservice (AMS) gebrannt haben und Polizei und Politik nachher verrückt spielten. Es ist ja nicht so wie in Frankreich oder manchen deutschen Städten, wo das Brennen von Mülltonnen zum Basis-Repertoire sozialen Aufbegehrens gehört.

Wie oft werden Sie geleert?

Ich persönlich zwei Mal in der Woche – ob man das für alle Mistkübel sagen kann, weiß ich nicht.

Sie hängen in Wien-Breitensee. Sind sie Lokalpatriot?

Mistkübel gibt es ja nur in Österreich, bei den nördlichen Nachbar_innen nennen sie uns Abfalleimer. Aber mit Österreich fange ich nichts an, der Umgang mit dem Mist ist ja eine Gemeindesache. Und soweit ich weiß, hängen am Land in der Öffentlichkeit gar keine Tonnen oder Kübel ab – da ist alles privatisiert in den Vorgärten. In dem Sinne bin ich zwangsläufig und Kraft meines ganzen Gestanks Wiener. Und es ist mir schon wirklich eine Freud‘, Teil der Kübelflotte der MA 48 zu sein. Um nichts im Leben möchte ich woanders hängen – in Neapel zum Beispiel, da wäre ich ja arbeitslos …

Danke für das Gespräch. Ich wünsche weiterhin ein schönes Mistfest.