MALMOE

Fragen an den Fahrradhändler

Wie läuft das Geschäft?

Gut gerade, aber es kommt immer auf den Winter an. Starker Schnee ist ein Horror, weil niemand kommt. Ich sag den Leuten, bringt mir die Räder im Jänner zur Wartung, aber das tun sie nicht und im April muss ich sie dann wegschicken, weil alle kommen. Da verliere ich natürlich Einnahmen.

Wird es insgesamt mehr mit den Fahrrädern?

Vermutlich schon. Ich lasse unter eigener Marke Räder herstellen und ich bin kein echter Maßstab. Es werden circa 400.000 Räder im Jahr in Österreich verkauft und wir verkaufen vielleicht 1000. Aber ich beobachte schon Wachstum. Generell fällt mir auf, es werden mehr Räder für den Alltagsgebrauch nachgefragt. Die Stadt wächst und es ziehen Menschen zu, die das Fahrrad als Transportmittel alternativ zu U-Bahn oder Auto gebrauchen und die haben andere Ansprüche als die Freizeitler.

Wo werden die Räder produziert?

In Italien. Ich bestelle die Teile vom Erstausrüster und baue die Räder teilweise selbst zusammen. Ich achte auf gemuffte Rahmen und viel Handarbeit, die auch entsprechend entlohnt wird und nehme keine von Robotern verschweißten Alurahmen. Das ist Teil des Konzepts und schlägt sich ja auch in dem etwas nostalgischen Aussehen der Räder nieder. Wir achten auch auf den ökologischen Footprint. Die Fahrräder großer Marken, die man im Baumarkt kauft, sind teilweise zehn Mal um den ganzen Globus transportiert worden und haben einen Berg Plastikverpackung produziert. Mein Traum wäre eine eigene Manufaktur in Wien, aber ich bekomme wohl kaum die nötigen Kredite dafür.

Der Laden macht seine Reparaturen teils auf dem Gehweg. Diese Nutzung der Straße ist malerisch und bringt Leben in den Bezirk. In Wien gibt es dies nur mehr selten, aber kommen da auch Beschwerden?

Das persönliche Gespräch kann man nur vor oder im Ladenlokal haben, aber nicht im Internet. Die Straße wird wieder ein sozialer Ort. Einigen wenigen passt das nicht. Eine Dame sagte zu mir: „Wissen Sie wer ich bin? Sie kommen hier weg!“ Sie fühle sich gestört durch die KundInnen und die Räder auf dem Gehweg. Laut StvO ist bei 2,5 m Gehwegbreite das Abstellen von Fahrrädern aber erlaubt. Die Dame ist übrigens Mandatarin der Grünen.

Wie bitte?

Ich glaube ja nicht mehr an so klare Parteizuordnungen. Verrückterweise hat mich die FPÖ verteidigt gegenüber den Grünen, obwohl ich MitarbeiterInnen mit dunkler Hautfarbe habe. Irre! Zum Glück ließ sich die Sache mit der Abgeordneten dann regeln. Ich habe übrigens einem SPÖ-Spitzenpolitiker ein Radl verkauft, der sagte, er will es bitte am 1. Mai abholen, da habe er Zeit…

Wie viele Angestellte hat der Betrieb?

Vier geringfügige. Es ist leider enorm schwer für mich als Kleinunternehmer MitarbeiterInnen zu finden. Angestellte,  die bereit sind spartenübergreifend zu denken – also sowohl als MechanikerInnen, als VerkäuferInnen, als auch als BuchhalterInnen auftreten – die machen sich bald selbstständig. Wer nur als Studentenjob nebenher arbeiten möchte, der hängt sich nicht so rein und ist nur bedingt eine Hilfe. Ich kann es ja verstehen. Es ist auch schwierig, die Arbeit fair zu entlohnen.

Arbeiten wir alle zu viel?

Ich befürchte. Ich weiß mir aber keine Lösung. Ich habe oft einen 18-Stunden-Tag und als Unternehmer keinerlei soziales Netz. Ich bin letztens in den Flieger gestiegen, um einmal rauszukommen und dann habe ich gemerkt, wie ich in der Nacht dauernd aufschrecke und denke: Oh, das habe ich vergessen. Trotzdem war die Freiheit immer mein Traum. Früher in der Bank, da gab es nur Regeln und Erfolgsdruck, das war wie gefesselt einen Marathon zu laufen. Heute würde ich mir die Arbeit gerne mit anderen aufteilen, aber wenn die wirklich gut sind, dann kann ich die leider nicht entsprechend bezahlen.

Finden wir noch ein aufheiterndes Schlusswort, das sie unseren LeserInnen mitteilen möchten?

Treat your bike like a friend.