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Wiener Kimchi

Der Comic Homestories macht koreanische Diaspora in Wien sichtbar

In zwei Heften hat die Wiener Journalistin Vina Yun in Zusammenarbeit mit den Zeichnerinnen Tine Fetz, Patu, Moshtari Hilal und Sunanda Mesquita die Geschichte der koreanischen Diaspora in Wien in Bilder gegossen. Das Projekt ist im Rahmen eines Stipendiums von kültüř gemma!, des Programms zur Förderung migrantischer Kunstproduktion, entstanden und wurde ausgehend von Interviews und autofiktionalen Elementen entwickelt.

Es ist die zweite Generation koreanischer Diaspora, der auch Yun angehört, welche diese bis heute relativ unbekannt gebliebene Migrationsgeschichte im deutschsprachigen Raum aufarbeitet: Aus Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal hatten deutschsprachige Länder – Deutschland bereits ab den 1960er-Jahren, Österreich ein gutes Jahrzehnt später – unter anderem im Süden Koreas Krankenschwestern angeworben. Die Generationenfrage ist auch für die Gliederung der Homestories in zwei Hefte zentral: Das erste Heft widmet sich der ersten Generation der koreanischen Diaspora, genauer der Krankenschwester Soo-Hyun. Es erzählt von ihrer Familie, ihrem Studium in Seoul, kurz auch von der Diktatur Park-Chung-Lees und dem Koreakrieg, schließlich der Ankunft und dem Leben im Wien der 1970er-Jahre. Szenen wie jene, in der die Gerüche der koreanischen Küche vom Wiener Umfeld bekrittelt werden – die Protagonistinnen des Hefts kochen ausgiebig Kimchi und Gulbi –, verdeutlichen, dass das Heft nicht nur den Migrationsalltag thematisiert. Im Zentrum von Homestories steht der nach wie vor aktuelle Umgang mit Migration von Seiten der weißen Mehrheitsgesellschaft: Etwa die Weigerung, nicht-deutsche Namen zu lernen, die im Fall von Soo-Hyun dazu führt, dass sie von ihrem Umfeld in „Susanne“ umbenannt wird. Tine Fetz hat dieses erste Heft mit nüchternem, tintenschwerem Strich gezeichnet, wohl passend zum grauen Wien dieser Zeit; linearer Plot und rechteckige Panels dominieren.

Im Fokus des zweiten Hefts stehen demgegenüber Geschichten der zweiten Generation, und im Gegensatz zum ersten Band setzt sich dieses Heft aus mehreren kurzen, nicht zusammenhängenden Szenen zusammen. Auch visuell ist dieses von den Zeichnerinnen Patu und Moshtari Hilal realisierte Heft heterogen, feiner Pinselstrich zeigt Momente aus Kindheit und Jugend, im letzten Teil löst sich die Panelstruktur – ebenso wie der Plot – avantgardistisch auf. Auch wenn diese Fragmentierung der Bricolage von Identitäten entspricht, wäre hier mehr Raum – für die wunderbaren Zeichenstile, aber auch für die Entfaltung der Geschichten – schön gewesen.

Dass weder österreichische noch deutsche Verlage, die Comics und Graphic Novels im Programm führen, sich an diesem im Eigenverlag erschienenen Projekt beteiligt haben, ist jedenfalls ein Armutszeugnis für die deutschsprachige Verlagslandschaft in diesem Bereich. Bleibt zu hoffen, dass Homestories Anstoß für viele weitere in Bilder gegossene Geschichten gibt, um die Alltäglichkeit von Migration sichtbar zu machen.