MALMOE

Fragen an die Bäckereibesitzerin

Um Ärger mit der Mafia zu vermeiden, empfiehlt es sich, keine Klarnamen zu verwenden. MALMOE spricht folglich mit „Frau X“. Sie war Pächterin einer Filiale jener großen Bäckereikette XX, deren Name ein Ding ist, von dem Joseph Conrad sagt, es sei bei den meisten Schiffen viel zu schwer, um „geworfen“ zu werden.

Guten Tag, darf ich Sie kurz etwas fragen?

Ja, gerne.

Dieser Laden war früher eine XX-Filiale und jetzt gehört er Ihnen?

Ja, ich habe das Geschäft übernehmen müssen, weil sie es zusperren wollten.

Müssen?

Ich bin leider total überschuldet. Aber ich wollte nicht klagen. Ich will doch einfach nur arbeiten.

Wieso sind Sie verschuldet?

Die Filiale hat sich in dieser Lage nicht gelohnt. Also für mich schon, aber nicht für die. Die haben das genau gewusst. Auch bei der Pächterin vor mir sind die Schulden aufgelaufen. Aber die hat gewagt zu klagen.

Das ist ja eine gemeine …

… ich hatte einfach nicht den Mut, auch zu klagen. Was soll ich tun, so alt wie ich bin? (Allenfalls Teenager würden sie als alt bezeichnen.)

Oh je, und wie geht das Geschäft jetzt?

Meine Kinder helfen mit aus. Das ist billiger, aber ich kann ihnen nur so wenig zahlen. (Ein Anflug von Trauer mischt sich in ihren entschlossenen Blick. Den eigenen Ärger irgendwie auszuhalten, ist etwas anderes, als sehen zu müssen, wie die Kinder mit reingezogen werden.)

Wir bekommen gute Produkte von der Bäckerei Haubis aus Niederösterreich. Und wir versorgen die Schule nebenan jetzt mit gesunder Jause. Das ist immer sehr schön. (Freudig zeigt sie auf die Bilder an der Wand, die ihr die Schulkinder gemalt haben.)

Früher haben Sie den Kindern auch manchmal Topfenbällchen geschenkt.

Ich hab alles versucht, aber die gibt es jetzt leider nicht mehr.

Ist es trotz allem auch manchmal eine gute Sache, sein eigenes Geschäft zu haben?

Ja, aber ohne Schulden.

Darf ich über die Dinge, die Sie mir erzählt haben, in der Zeitung schreiben?

Ja, aber besser keine Namen.

Also zum XX gehen wir jetzt nicht mehr.

Es ist nicht die Firma, es sind nur einige Leute.

Auf der Homepage der Bäckerei XX ist von vielen tollen Möglichkeiten ihres Franchise-Programms zu lesen, von sehr zufriedenen Partnern und glücklichen Kunden. Von möglichen Schwierigkeiten findet sich kein Wort. Wie zu erwarten. Wer sich auf eine Reise ins Taka-Tuka-Land des wirtschaftlichen Erfolges mit XX-Brot begeben will, muss allerdings bereit sein, einen Kredit in Höhe eines satten 5-stelligen Betrages aufzunehmen.