MALMOE

Stets bemüht

MALMOE zu machen ist eine verdammt anstrengende Hackn

Mir wird die Ehre zuteil, als erste Person, die nicht der Gründungsgeneration angehört, für die „20 Jahre“-Reihe zu schreiben. Daher möchte ich zunächst allen Gründer:innen danken, für den Enthusiasmus und die Mühe, die sie in MALMOE gesteckt haben – und sie somit zum „Sprachrohr der undogmatischen Linken Österreichs“ (Zitat Julia Hoffmann, ehemalige Redakteurin der Jungle World) machten. Diejenigen, die in dieser Reihe vor mir geschrieben haben, haben auf die Geschichte von MALMOE zurückgeblickt und ihre Ideale für sowie die Ansprüche an diese Zeitung diskutiert – sowohl hinsichtlich der formalen Aufmachung als auch der inhaltlichen Ausrichtung oder des politischen Charakters.

Ein Aspekt, der dabei kaum zur Sprache gekommen ist: MALMOE zu machen ist eine verdammt anstrengende Hackn; und der Versuch, quasi nebenbei solche vielfältigen, hohen Ansprüche zu verwirklichen, macht es noch anstrengender. Meine Erfahrung war: Ideale werden oft zugunsten des Tagesgeschäfts zurückgestellt. Dieses Tagesgeschäft besteht eben nicht nur daraus, viermal im Jahr ein Heft rauszubringen, sondern natürlich aus viel mehr: Redaktionsabläufe koordinieren, Heftplanung, Anfragen beantworten, Netzwerken, Social Media betreuen, Inserate keilen, Förderungen beantragen, Veranstaltungen organisieren, öffentlich präsent sein … ach ja und selbst noch Texte schreiben. Da kommt viel zusammen, das erstmal auf den wenigen Schultern verteilt werden muss. Kaum jemals ist es so, dass sich alle Redakteur:innen so einbringen können, wie es notwendig wäre. Die Redaktion arbeitet unentgeltlich, alle haben abseits von MALMOE ihre Verpflichtungen. Außer für die Druckkosten ist kaum für irgendetwas Kohle da. Kurz gesagt: MALMOE ist nicht nur ein anstrengendes, sondern auch prekäres Projekt, das auf dem Commitment und der verfügbaren Zeit jener Leute beruht, die sie herausbringen.

Und so bleibt manche Vision auf der Strecke. „Wir brauchen unbedingt eine neue Website“ war während meiner Jahre lange eine Art Running Gag. Eine Diversifizierung, sowohl inhaltlich wie auch personell, kam oft zur Sprache, aber kaum zur Umsetzung. Allerdings – und das finde ich faszinierend – gelingt es MALMOE dennoch, ein breites Spektrum an Themen und Positionen abzudecken. Und das passiert eben „nebenbei“, nicht deshalb, weil man es sich als Leistungsziel gesetzt hat.

Man sehe sich die Schwerpunkte der letzten zehn Ausgaben an: Mir fällt kein anderes linkes Medium ein, dass sich so locker von einem Schwerpunkt zu einem ganz anderen schwingt: vom europäischen Adel zur Diskriminierung durch Algorithmen, von Behinderung und Sexualität zu Klassenkämpfen in Wien-Favoriten, von der ökologischen Frage in Rojava zu Migrantinnen im Sport. Die Inhalte sind Resultat davon, wer als Redakteur:in oder externe:r Autor:in an der Zeitung mitwirkt.

Doch bekanntlich ist MALMOE nicht das linke Hochglanzmagazin, bei dem wöchentlich zehn Praktikumsanfragen eintrudeln. Leider bedeutet es viel Arbeit, aktiv neue Leute in die Redaktion zu holen – es geht sich zwischen all den anderen Aufgaben schlicht meist nicht aus. Eine zentrale Funktion der Zeitung ist dennoch: Sie führt seit über 20 Jahren Menschen an alternative Medien und linke Debatten heran. Und damit meine ich jetzt nicht nur Leser:innen. Für wenig erfahrene Autor:innen, die einen Publikationsort suchen oder die beim Schreiben experimentieren wollen, war MALMOE immer offen – und heilfroh über sie.

Aber es wird nicht einfacher werden. Gerade unabhängige, emanzipatorische Medienarbeit hat mit Social Media einen Prozess hin zum Individualismus durchlaufen. Warum sollte ich mit anderen an einer reichweiteschwachen Zeitung arbeiten, noch dazu einer basisdemokratischen, und mir tausende Zeichen aus den Fingern saugen, wenn ich via App schneller, einfacher, flexibler, erfolgreicher publizieren kann?

Linke Zeitungen sind in Österreich ein rares Gut. Dem Menschen reichen zwei Hände, um sie abzuzählen. Am Anfang dieses Textes waren die dran, die MALMOE ins Leben gerufen haben, zum Ende möchte ich jenen danken, die die Zeitung seither am Leben gehalten haben und dies bis heute tun.

Jannik Eder war zwischen 2014 und 2019 Teil des MALMOE-Redaktionskollektivs und koordinierte die Rubrik „Erlebnispark“. Heute unterstützt er MALMOE als Korrekturleser und sorgt dafür, dass die MALMOE auch online zu lesen ist.