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MALMOE

Fragen an die Pilotin

Hallo Linienpilotin. Wie viele Kilometer im Jahr fliegst du?

Ich habe ganz ehrlich gesagt keine Ahnung! Erstens sind Distanzen in der Fliegerei immer in nautischen Meilen angegeben und zweitens wird die „Arbeitsbelastung“ in Blockstunden angegeben, das heißt übersetzt: die Zeit vom Wegnehmen der Unterlegskeile am Flugzeugrad bis sie wieder dort liegen.

Durch meine 70% Teilzeit arbeite ich circa 600 Blockstunden pro Jahr. Das ergibt bei einer angenommenen durchschnittlichen Flugzeit von eineinhalb Stunden auf der Kurzstrecke in etwa 400 Flüge im Jahr zu jeweils 550 Flugmeilen, also in etwa 400.000 km im Jahr. Das entspricht ziemlich genau 10 Mal um die Erde auf Äquatorhöhe.

Hast du manchmal ein schlechtes Gewissen – wegen des ökologischen Fußabdrucks und so?

Ja, hab ich! Auch wenn der Flieger nicht wegen mir abhebt, sondern wegen der Kund*innen . Mehrheitlich sind das bei den Linienflügen vom Gefühl her übrigens Männer, wohl wegen der Männerdominanz in den Führungsetagen.

Wie lästig sind eigentlich Fluggäste?

Ich höre immer wieder Geschichten. Manchmal „lästiges“, manchmal schwer begreifliches (Stichwort „Benimmregeln“). Ich denke vieles liegt daran, dass Fliegen für einige Menschen immer noch aufregend oder zumindest nicht alltäglich ist. Zudem sind einfach sehr viele Menschen auf engem Raum, und bei über 200 Menschen gibt es immer welche die einen schlechten Tag erwischt haben. Viele haben auch einfach Flugangst. Einige haben aber auch das Gefühl, dass Flugbegleiter*innen Diener*innen sind, was zu vielen lustigen aber auch ärgerlichen Geschichten führt. In Ausnahmefällen kann das auch mal zum Ausladen einzelner Passagiere oder gar zu Polizeieinsätzen führen.

Bist du die einzige Frau in deinem Unternehmen? Hörst du oft einen blöden Sager?

Ich bin natürlich nicht die einzige Frau im Unternehmen. Das Unternehmen hat mehrere 1000 Mitarbeiter*innen. Im Cockpit ist die Rate mit 5% Frauenanteil aber mehr als überschaubar.

Blöde Sprüche gibt es intern eigentlich kaum bis wenige. Die kommen eher beim Aussteigen von Passagieren, die oft überrascht sind, wenn sich eine Frau aus dem Cockpit von ihnen verabschiedet. Diese Sprüche sind aber in der Regel nicht böse gemeint, sondern zeugen meiner Meinung nach einfach von Stereotypen.

Im Vergleich zum Autofahren: Wie schwer ist es, ein Flugzeug zu fliegen?

Der größte Unterschied ist sicher, dass es wesentlich mehr Training bedarf, um ein Flugzeug zu fliegen. Wesentlich komplexere technische Systeme, genormte Schnittstellen mit anderen Abläufen (Flugsicherung, Bodenkontrolle usw.), wechselnde Umweltbedingungen und Einflüsse durch das Wetter, die Kommunikation innerhalb der Crew sowie die fliegerischen Fähigkeiten an sich müssen erlernt werden. Das geht eben nicht in einem einmonatigen Schnellkurs nebenbei.

Beim Fliegen sind die Hochkonzentrationsphasen kurz vor und nach dem Start sowie kurz vor und nach der Landung. Da ist der ganze Fokus auf das Fliegen selbst gerichtet. Während des Fluges ist es mehr ein Überwachen der Instrumente, des Autopiloten, des Flugfunks und der Wetterbedingungen.

Ein Auto zu steuern bedarf sicher nicht derselben hohen Konzentrationsfähigkeit wie bei Start und Landung eines Flugzeuges, dafür muss die Konzentration über den ganzen Zeitraum hinweg gehalten werden.

Ständig liest man von Streiks. Wie schlecht sind die Arbeitsbedingungen für Pilot*innen?

Das ist sehr unterschiedlich! Ich habe eine solide, geregelte Anstellung. Das gibt eine Sicherheit, die wichtig ist: niemand will kranke Pilot*innen vorne im Cockpit sitzen haben, die nur arbeiten gehen, weil sie Angst haben andernfalls den Job zu verlieren. In Notfällen könnte so etwas verheerende Folgen haben. Es gibt Airlines, bei denen alle Pilot*innen in einer prekären Selbstständigkeit arbeiten. Da fehlt es an klaren zumindest EU-weiten Mindeststandards. Es geht sogar soweit, dass Pilot*innen bis zu 60.000 Euro bezahlen müssen, um für ein Jahr arbeiten zu dürfen. Sie erhoffen sich dadurch Erfahrung zu sammeln um für andere Airlines attraktiv zu werden.

Wenn aber heute Menschen um 25 Euro hin und retour Städteflüge buchen können, ist klar, dass das auf Dauer, wie in jedem anderen Bereich auch, nur auf Kosten von anderen gehen kann.

Generell würde ich mir hier mehr Solidarität innerhalb der Gesellschaft wünschen. Arbeitnehmer*innen haben als größtes Druckmittel den Streik um bessere Arbeitsbedingungen zu erkämpfen Dieses Mittel auszuschließen, wäre für gewerkschaftliche Arbeit katastrophal.

Was findest du am schönsten an deinem Beruf?

Ein „Büro“ mit Ausblick zu haben und auf fast jedem Flug die Sonne zu sehen.