MALMOE

Should I stay or should I go now?

Katharina Pressls Debütroman Andere Sorgen handelt von einem Streik im Altersheim mit fatalem Ausgang

Die Erzählerin kommt von der Stadt zurück in ihren Heimatort, um das Haus ihrer Mutter auszuräumen, weil diese ins Altersheim gezogen ist. Die Schwester ist zu durchorganisiert, um zu entrümpeln, der Vater längst bei einer anderen Frau. Als ob es nicht schon mühsam genug wäre, dem großen Haus voller mit Erinnerungen aufgeladener Gegenstände alleine die Stirn bieten zu müssen, bahnt sich, nicht zuletzt auf Initiative der Leute von der Hauswilderei (wie das EKH, nur idyllischer) ein Streik im Altersheim an. Bessere Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal müssen her! Die Erzählerin ist hin- und hergerissen zwischen der Sehnsucht nach ihrem Leben in der Stadt und dem Gefühl, vor Ort – na, ja – gebraucht zu werden. „Schließlich, aus einer Flause heraus, aus einem erst durch den Körper und dann durch das Gehirn zuckenden Gefühl, entscheide ich mich zu bleiben“. Eine folgenschwere Entscheidung.

In nüchternem Tonfall, gewürzt mit subtilem Humor und dem einen oder anderen Zitat aus der Welt der Popmusik, schildert Katharina Pressl die Lebensumstände einer Frau mit hohem Identifikationspotenzial: Sie arbeitet in der Kulturbranche unter prekären Bedingungen, hat ein ausgeprägtes soziales Bewusstsein, ist politisch aktiv. Oft phlegmatisch, agiert sie in den entscheidenden Momenten impulsiv, was sich nicht immer als vorteilhaft erweist. Zum Beispiel, als sie gemeinsam mit den Streikenden die Alten aus dem Heim entführt, um mit ihnen einen Tagesausflug nach Slowenien zu machen.

Und dann ist da noch Malina, Angestellte im Altersheim, zweifache Mutter und rätselhafte Schlüsselfigur dieses Romans, der über weite Strecken in gemächlichem Tempo daherkommt, um kurz vor Schluss das Gaspedal voll durchzudrücken und die Kontrolle zu verlieren. Unbedingte Leseempfehlung!

Katharina Pressl: Andere Sorgen, Residenz Verlag, Salzburg 2019. 184 Seiten. Selbstverständlich erhältlich in der Buchhandlung im Stuwerviertel, Stuwerstraße 42, 1020 Wien.