MALMOE

Fragen an den Eislaufplatz

Der Winter ist beinahe vorüber und damit Ihre Saison: dieser Tage schließen, abgesehen von der Stadthalle mit ihrem Jahresbetrieb, auch die letzten öffentlichen Eislaufplätze ihre Pforten. Freuen Sie sich schon auf den Urlaub?

Ehrlich gesagt: nein. Nach dem Winter beginnt die wirklich frostige Zeit – schauderhafte Dinge werden auf mir veranstaltet. Da wird herumgetrampelt, Fußballfelder werden aufgezogen – früher waren es immerhin standesgemäß Tennisplätze – oder Sand aufgeschüttet für eine Strandlandschaft mitten in Wien, der Hauptstadt eines Binnenlandes. Sie sehen: der Sommer meint es nicht gut mit mir.

Es gibt Ihrer sechs in Wien …

Fünf!

Wieso nur fünf? Es gibt den Wiener Eislaufverein, den Eisring Süd, die Kunsteisbahn Engelmann, die Stadthalle, die Albert-Schultz-Halle, den Eistraum vor dem Rat…

Nein. Eben genau der letztgenannte gehört nicht zu uns. Mit diesem auf- und abbaubaren Event-Spektakel für Touristen will ich nichts zu tun haben. Schließlich haben wir Tradition und einen ehrbaren Ruf zu verteidigen. Sie müssen wissen – mit dem Engelmann wurde 1909 die erste Kunsteisbahn der Welt in Wien eröffnet. Erstmals konnte man unter freiem Himmel und wetterunabhängig eislaufen. Hach, welch Zeiten damals! Und danach der gute Karl Schäfer, der Selige, den’s danach auch noch so schlecht behandelt haben, nach den dunklen Jahren und nachdem die Allierten uns die Bahn eh schon zerbombt hatten …

… Nun ja, Karl Schäfer, dessen man beim Engelmann über den Dächern Wiens gedenkt, soll immerhin seit 1933 NSDAP Mitglied gewesen sein und auch bei der SA … (Eislaufplatz will unterbrechen, Interviewerin winkt ab) Aber lassen wir das mal beiseite. Bleiben wir beim Thema Eistraum: Schießen Sie sich mit dieser Exklusivität nicht selber ins Bein? Ich meine, abgesehen vom Eistraum sind unter der Woche die Eisflächen so gut wie leer – sind die Wiener_innen denn des Eislaufens müde geworden?

Nun, wenn man das mit dem Betrieb an den Wochenenden gegenrechnet, kommt man denke ich dennoch auf einen guten Schnitt. Aber klar, das Klima ändert sich, die Selbstverständlichkeit, dass Seen und Flüsse zufrieren und das Eis quasi vor der Türe liegt geht verloren. So wirken wir Eislaufplätze noch artifizieller als wir es von Haus aus schon sind – und irgendwie aus der Zeit gefallen. Und es ändert sich die Stadt – viele Wiener_innen kennen Eis nur mehr zum Schlecken. Auch das spielt uns nicht in die Karten.

Apropos aus der Zeit gefallen: Wer ist denn Ihr Klientel? Mir scheint es sind einerseits ältere Paare, die selig und stilsicher ihre Runden drehen, sportlich recht motivierte mehrheitsösterreichische Eltern mit ihren Kindern und, wiederum mehrheitsösterreichische, Teenager auf Partnerfang. Versucht man nicht neue Zielgruppen anzusprechen?

Wir versuchen es doch. Mit Würstel-Kindergeburtstagsfeiern, Schlager-Fasching, Rot-Weiß-Rot-Disco und den Eis-Pinguinen.

Ja, stimmt. Die Eispinguine sind gut. Leider sind wir am Ende der Zeit angelangt: Ich danke für das Gespräch und wünsche eisige Zeiten.