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MALMOE

Afghanistan, ­sicherer ­Drittstaat

Refugee Protest Camp Vienna 2017: Eine selbstorganisierte Kampagne afghanischer Geflüchteter fordert den sofortigen Abschiebestopp

Im Oktober 2016 hatte die EU die Zahlung von Geldern der „Entwicklungshilfe“ für Afghanistan an die Bereitschaft zur Rücknahme abgelehnter Asylwerber_innen geknüpft. Die neokoloniale Erpressungstaktik hatte Erfolg, weil Afghanistan es sich schlicht nicht leisten konnte, auf die notwendigen finanziellen Mittel zu verzichten. Seitdem kommt es vermehrt zu Abschiebungen in das von Krieg und Terror geprägte Land, obwohl sich die Sicherheitslage von Jahr zu Jahr weiter verschlechtert.

Ende August haben sich einige afghanische Asylwerber_innen und Geflüchtete in Wien zusammengeschlossen, um gegen die Abschiebungen zu protestieren. Zum Auftakt der Kampagne fand zwischen 25. und 28. August ein viertägiges Protestcamp im Sigmund-Freud-Park gegenüber der Votivkirche statt, wo die Protestierenden auf die lebensgefährliche Situation in Afghanistan aufmerksam machten. In einem öffentlichen Brief an die Regierung fordern sie den sofortigen Stopp der Abschiebungen nach Afghanistan und verlangen eine Neubewertung der Sicherheitslage auf der Basis von Gutachten international anerkannter Expert_innen.

In der Protesterklärung wird auch der Mangel an qualifizierten Dolmetscher_innen im Asylverfahren und der unzureichende Zugang zu leistbarer Rechtsvertretung kritisiert. Eine weitere Forderung stellt die Öffnung des Bildungssystems für alle Asylwerber_innen unabhängig von ihrem Alter dar. Ab dem Ende der Schulpflicht, also einem Alter von 15 Jahren, haben Asylwerber_innen derzeit nämlich kaum Chancen, ihre Ausbildung fortzusetzen oder eine Lehre zu beginnen.

Selbstbestimmter Protest ohne Vereinnahmung

Mit dem Wiener Refugee-Protestcamp 2017 formierte sich eine Gruppe von Menschen, die direkt und unmittelbar von der rassistischen Abschiebepraxis des österreichischen Staates betroffen ist und diese nicht länger hinnehmen will. Dass der Protest von Geflüchteten selbst organisiert wird, ist für Sabur Azizi ein zentraler Aspekt. Gemeinsam mit anderen hat er die viertägige Versammlung im Votivpark vorbereitet. Dabei gab es auch Unterstützung von Personen aus der afghanischen Community und anderen Aktivist_innen, die gegen das herrschende Migrationsregime kämpfen. Für die beteiligten Geflüchteten war es jedoch wichtig, dass sie alle Entscheidungen selbst treffen und der Protest nicht von anderen Seiten vereinnahmt wird, wie Sabur Azizi betont. Das hat seiner Ansicht nach zwar recht gut funktioniert, allerdings hätte er sich durchaus mehr Unterstützung von österreichischen Einzelpersonen und Initiativen gewünscht.

Ähnlich sieht das auch Meena Miakhel, die ebenfalls an der Organisation der Protestaktion beteiligt war. Angesichts der über 400 Teilnehmer_innen allein am Sonntag zeigt sie sich mit der Veranstaltung selbst jedoch durchaus zufrieden. Sie betont auch, dass zahlreiche junge Frauen und Familien mit Kindern vor Ort waren und zur angenehmen Atmosphäre im Park beigetragen haben. Die Polizei hatte allerdings immer wieder versucht, die ruhige Lage auszunutzen und die Teilnehmer_innen mit massiver Präsenz und dem Mitführen von Polizeihunden einzuschüchtern. Die Erinnerungen an die Proteste im Votivpark im Jahr 2012 scheinen hier wohl noch recht tief zu sitzen.

Für die afghanische Gemeinschaft in Österreich bietet die Kampagne aus Sicht von Meena Miakhel und Sabur Azizi eine gute Möglichkeit zur Vernetzung. So hat am 12. September bereits eine weitere Demonstration in Salzburg stattgefunden. Auch die Öffnung der Bewegung und den verstärkten Austausch mit Initiativen von Geflüchteten aus anderen Regionen möchten sie vorantreiben. Eine inhaltliche Reaktion auf die Forderungen von Seiten der Politik steht zwar noch aus, aber für die Aktivist_innen ist jedenfalls klar, dass sie sich weder durch leere Versprechungen noch durch eine Hinhaltetaktik von ihrem Protest abbringen lassen werden. Sie machen weiter, bis die Abschiebungen gestoppt werden.