MALMOE

Das erinnerungslückenlose AMS-Horrorskop

Krebs, Löwin und Jung haben ein Hartz-IV-Déjà-vu und Ideen zur Armutsbekämpfung.

Krebs (22.6.–22.7.)

Als die rot-grüne Bundesregierung Anfang der 2000er in Deutschland daran ging, ihre Hartz-Reformen auf den Weg zu bringen, markierte ein neuer Ressortzuschnitt der Ministerien eine wichtige Vorarbeit. Konkret wurden die aus dem Sozialministerium herausgelösten Arbeits- mit den Wirtschaftsagenden zu einem neuen „Superministerium“ fusioniert. Dadurch sollte das traditionell gewerkschaftsnahe Arbeits- und Sozialministerium als Sitz möglichen Widerstands innerhalb der Administration neutralisiert werden. Mit ähnlichen Plänen im Hinterkopf hatte kurz zuvor die schwarz-blaue Regierung in Österreich ein „Superministerium“ für Wirtschaft und Arbeit etabliert. Mit Wolfgang Clement (D) und Martin Bartenstein (AT) holte man sich da wie dort industrienahes und ideologisch standfestes Personal in die Ministerposten. Heute, rund 20 Jahre später, wiederholt sich hierzulande in einer schwarz-grünen Regierung die Tragödie als Farce: „Arbeit und Wirtschaft bedingen einander“, begründet Kanzler Nehammer die neuerliche Fusion der Ressorts tiefgründig. Und Martin Kocher, der Arbeitsminister von der traurigen Gestalt, schickt als „Superminister“ seine angedrohte Arbeitsmarktreform in die nächste Runde. Wie es damit in seinem neuen Schizo-Ministerium weitergeht, werden die Sterne weisen. Krebse kennen sich aus mit ungleichen Scheren, die weit auseinandergehen, und suchen seitwärts das Weite. #arbeitVSwirtschaft

Löw*in (23.7.–23.8.)

Die konservative Allianz gegen Erwerbslose aus ÖVP und Wirtschaftsverbänden kam zuletzt ins Stocken. Inflation, Pandemie und unentwegt ans Licht kommende Korruptionsaffären sind doch keine so idealen Begleitumstände für Armutsverschärfungen. Eingesprungen ist einmal mehr der Chef des mächtigen Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO, Gabriel Felbermayr: Um die „Lohnnebenkosten“ zu senken, soll die Notstandshilfe aus der Arbeitslosenversicherung herausgelöst und direkt aus dem Budget bezahlt werden. Löw*innen brüllen: So nicht! Damit wäre der Abschaffung Tür und Tor geöffnet. Sobald Sozialhilfe und Notstandshilfe parallel aus dem Steuertopf finanziert werden, steigt der Anpassungs- und Vereinheitlichungsdruck in lichte Höhen – ebenso wie die Möglichkeiten zur Durchsetzung aufgrund des direkten Zugriffs der Regierung. Gleichzeitig wird das Gejammer über zu wenige Jobwillige etwa in der Gastronomie lauter. Die „Covid-Klarheit“ hat halt vielen gezeigt, wie schlecht Löhne und Arbeitsbedingungen in manchen Arbeitsfeldern sind. Pech gehabt, Chef*in, da hackeln alle lieber woanders. #LöhneRauf

Jung* (23.8.–23.9.)

Das Arbeitslosengeld ist heute schon viel zu niedrig, die Nettoersatzrate von 55 Prozent erzeugt bei Vielen unmittelbar Armut. Im dritten Jahr der Pandemie kommt hinzu, dass zu Beginn vorübergehend gestundete Schulden nun nachzuzahlen sind. Aktuell steigt zudem die Inflation in ungekannte Höhen. Teurer werden vor allem alltagsnotwendige Dinge wie Lebensmittel und Energie. Leicht zu sehen: Leute mit wenig Geld sind davon ungleich stärker betroffen. Gibt es Lösungen? Viele. Um bei der Arbeitslosenversicherung zu bleiben: eine nachhaltige Inflationsanpassung. Ein erstmaliger Arbeitslosengeldbezug ist noch wertgesichert, die Notstandshilfe ist es seit Jahrzehnten nicht mehr. Besser noch wäre ein Mindestsatz in Höhe der Armutsgefährdungsschwelle oder zumindest die Ausdehnung der Zuverdienstmöglichkeit auf diesen Wert. Maßnahmen des Inflationsausgleichs erst im Herbst, wie derzeit angekündigt, kämen – wie der*die Jung* weiß – jedenfalls zu spät. #ArbeitslosengeldRauf

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