MALMOE

Ressentiments in Paragraphen

Der Rechtspopulismus macht keinen Halt vor Gesetzen

Derzeit spiele die Welt verrückt, heißt es allerorten. Eine nachvollziehbare Aussage, nicht zuletzt bei einem Blick darauf, was sich in der Gesetzgebung dieses Staates so tut.

Die Furcht vor zahlreichen Gesetzesverschärfungen, welche in die persönliche Freiheit eingreifen und das „subjektive Sicherheitsgefühl“ vermeintlich verbessern sollen, ist groß. Gerade im Komplex Migration sind weitere Verschärfungen zu erwarten. Es zeigt sich: Populismus pur schlägt sich direkt in Gesetzesänderungen nieder. Aber vergessen wird dabei, dass die letzten Verschärfungen im Fremdenrecht nicht von der zukünftigen Regierung beschlossen wurden, sondern von der Vergangenen; der Tonfall und die Maßnahmen sind jedoch überlappend und wiederkehrend.

Verfassungswidrige Gesetze

Das umfasst die Änderungen in Bezug auf das geltende Fremdenrechtsgesetz, welche laut dem „Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2017/2018 für Österreich“ (Jänner 2017) die sogenannte Eindämmung der Migration sowie intensivierte Rückkehrberatung und Rückkehrvorbereitung im Fokus haben1vgl. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/ME/ME_00311/fname_629377.pdf.

Bereits der Arbeitstitel zeigt die Interessen, die mit den aktuellen Änderungen einhergehen und im Gesetz festgelegt werden – ob diese verfassungswidrig sind oder bereits in anderer Form existieren, wird dabei nicht berücksichtigt. Auch das ist eine immer wiederkehrende Vorgehensweise: sich verfassungswidrige Vorstöße zu leisten, die dann erst über den Gang zu den Höchstgerichten wieder Verfassungskonformität erlangen. Wobei die Verfassungskonformität noch lange nicht bedeutet, dass die Gesetze dann im Einklang mit einer Position stehen, die sich positiv auf die Menschen und Menschenrechte bezieht.

Unschuldsvermutung gilt nicht mehr

Worauf in diesem Kontext abermals hingewiesen sei, ist die Tatsache, dass all diese Gesetze nicht vom Himmel fallen. Sie sind Produkt eines gesellschaftlichen, populistischen Diskurses, der von Schreibtischtäter_innen zu Papier gebracht und in Gesetzesform gegossen wird: Mit der im Nationalrat beschlossenen und mit 1.11.2017 in Kraft getretenen Novelle kann von nun an gegenüber Menschen, die verdächtigt werden eine Straftat begangen zu haben, ein Verfahren zur Aberkennung ihres Asyl- bzw. subsidiären Schutzstatus eingeleitet werden. Damit maßt sich das Asylgesetz vorab Entscheidungen und Bestrafungen an und hebelt die Unschuldsvermutung komplett aus. Ebenfalls beschlossen ist die in bestimmten Fällen vorgesehene Verpflichtung zur Unterkunftnahme in vorgegebenen Quartieren und die Wohnsitzbeschränkung auf jenes Bundesland, von dem Grundversorgung empfangen wird, für alle Menschen in einem laufenden Asylverfahren. Was damit offensichtlich unterbunden werden soll, ist Mobilität und Bewegungsfreiheit. Die mangelnden Versorgungsstandards in einigen Bundesländern werden dabei verschwiegen. Bei Verstößen gegen die Wohnsitzbeschränkung sind Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen vorgesehen. Weiters dürfen mit Inkrafttreten der Novelle Polizist_innen ohne weiteres Räumlichkeiten betreten, wenn sich darin mehr als drei „Fremde“ (d. h. jede Person ohne österreichische Staatsbürger_innenschaft) befinden. Sie brauchen dafür keinerlei richterliche Genehmigungen.

Zynismus pur

Die „intensivierte Rückkehrvorbereitung“ wie es im Arbeitsprogramm der Bundesregierung heißt, ist angesichts des bereits vorherrschenden Abschieberegimes euphemistisch und zynisch. Hierzu gehört auch die Verpflichtung von illegalisierten Menschen, Reisedokumente für die Abschiebung eigenständig einzuholen. Wird dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, kann die zuständige Behörde Beugehaft verhängen – eine weitere neu geschaffene Möglichkeit, neben der verlängerten Schubhaftdauer sowohl für Erwachsene als auch für mündige Minderjährige, Menschen ohne Delikt in Haft zu halten. Ebenfalls neu ist, dass die Informationspflicht über den Abschiebetermin mit der beschlossenen Novelle entfällt. Außerdem erfolgt eine im Gesetz verankerte Pflicht für die Behörde eine sogenannte Rückkehrentscheidung (Rückkehrentscheidung – wie das Wort schon sagt: eine Entscheidung von Seiten der Behörde über die verpflichtende „Rückkehr“ ins Herkunftsland) zu erlassen – einfach nur um den Menschen unmissverständlich vor Augen zu führen, dass auch wenn sie faktisch nicht abschiebbar sind oder nicht ausreisen können, sie hier in Österreich auf jeden Fall nicht erwünscht sind. Und wie geht es weiter? In den Koalitionsverhandlungen zeichnet sich schon ab, dass es zu weiteren Verschärfungen kommen wird. Da bleibt nur eins: Fluchtwege freihalten!