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Psychotherapie | MALMOE 81 Schwerpunkt

Kapitalismus und Psychotherapie
Vielen LeserInnen von MALMOE dürfte diese Kuriosität bereits aufgefallen sein: Wir müssen immer etwas tun. Das meiste davon ist Arbeit oder fühlt sich an wie welche. Woher rührt das eigentlich und welcher Fluch ist da über uns gekommen? War das immer schon so? Jein. Es gab immer einiges zu erledigen. Beeren sammeln oder Bären jagen zum Beispiel. Der „Fluch der Erwerbsarbeit“ ist jedoch historisch relativ neu und erst mit dem Kapitalismus über uns gekommen. Der ist übrigens so etwas wie ein giftig gewordenes Gegengift. Was sich einst mit ihm bekämpfen ließ, war ebenso schlimm – oder verspürt jemand Lust auf SklavInnenarbeit? Nur sieht die heutige Realität der Lohnarbeit eben leider so aus, dass die Meisten tagtäglich etwas tun müssen, das ihnen weder Freude bereitet noch sinnvoll erscheint und das auch nicht ihren Fähigkeiten entspricht. Das ist mitunter sehr schmerzhaft. Wer darüber traurig wird, die oder der kann eine Psychotherapie machen. Die ist höchst sinnvoll und meist auch sehr hilfreich. Allerdings kann alles das, was den kapitalistischen Verhältnissen angelastet werden muss, von Entfremdung bis Ausbeutung, im Rahmen einer Therapie kaum angesprochen werden. So hing vor Sigmund Freuds Praxisraum jenes legendäre Schild „Fragen der Wirtschaft und des Geldverdienens können nicht behandelt werden“. Diesem Rätsel wollen wir in unserem Schwerpunkt einmal auf den Grund gehen. Wir tun dies, indem wir aufzeigen, wie finanzielle Hürden und neoliberale Verstrickungen eine befreiende Psychotherapie gefährden. Bitte unbedingt auch die für diesen Schwerpunkt erweiterte Kolumne „Gestörtes Störendes“ beachten.

Werte Werte

Tatsächlich kann heute der überwiegende Teil menschlichen Handelns und Arbeitens verstanden werden als eine Maßnahme, die Welt in verschiedene Werte zu übersetzen. Auf einer notwendig unendlichen Werteskala wird der...