MALMOE

How do you do, fellow kids?

Von Wissenschaft, Memes und dem, was auf der Strecke bleibt

Sobald man sich irgendwie mit dem Internet verbindet, ist es eigentlich unmöglich, an Memes vorbeizukommen. Sie sind so allgegenwärtig, dass ein Leben ohne sie nur schwer vorstellbar ist. Nicht etwa, weil sie für uns ein vermeintliches Bedürfnis des Medienkonsums darstellen, sondern weil sie maßgeblich zur Bedeutungsproduktion in einer unheimlich vereinzelten Welt beitragen. So jedenfalls die gängige Lehrmeinung auf den Fluren der geisteswissenschaftlichen Seminare dieser Tage. Was an den Universitäten vor Jahren noch in den studentischen Schmuddelecken abhing, ist mittlerweile mit Forschungsgeldern, Panels und ausreichend Publikationen ausgestattet. „Meme Studies“ sind dabei in den angelsächsischen Humanities erwartungsgemäß stärker institutionalisiert als hierzulande. Beispielsweise gibt es in Edinburgh ein eigens gegründetes Forschungsnetzwerk, das sich dem akademischen Austausch und der Kanonbildung verschrieben hat. Methodisch geradezu unorthodox, finden sich dort allerlei Ansätze aus Datenwissenschaft, Linguistik, Ethnologie und noch einigen mehr zusammen.

Es scheint, als biete man dem Meme diesen methodischen Blumenstrauß an und hoffe darauf, dass es einem selbst verrät, was seine Popularität ausmacht. Dabei werden vor allem Beobachtungen angestellt und auf Basis dessen quasi-selbstständige Prozesse konstruiert. Der konkret beobachtete Gegenstand unterscheidet sich aber von Studie zu Studie deutlich. Meme-Ontolog:innen und -Historiker:innen versuchen indes zu ergründen, woher die Memes überhaupt kommen. Wenig überraschend kamen sie zur Erkenntnis, dass – wie so oft – Menschen schon immer Memes verbreitet hätten, das Internet stelle dabei lediglich eine neue Kommunikationsform dar. Warum sich (Internet-)Memes allerdings besonders dafür eignen, lustvoll politische Botschaften zu verpacken, seien sie noch so abgründig, erklärt so ein Verallgemeinerungs-Ansatz wohl kaum. Stattdessen erhält man eher den Eindruck, die Wissenschaft wolle Schritt halten mit den Veränderungen an der Oberfläche der Gegenwart. Die Antwort auf die Frage, was ein Meme eigentlich ist, hält selten etwas darüber bereit, in was für einer Gesellschaft wir eigentlich leben.

Permanent variieren beziehungsweise verschieben sich die Ausdrucksweisen und deren Inhalte. Dies mag einerseits das notwendige Material wissenschaftlicher Untersuchungen produzieren, andererseits ist es aber auch ihr Fallstrick. Wenn die Ansätze nicht gerade den neuesten Strömungen hinterherrennen, laufen sie meist ins Leere und damit in die Bedeutungslosigkeit. Aufgewartet wird dort mit strategisch geplanten Untersuchungen, aufwendigen Begriffsapparaten und Archiven, um der Unübersichtlichkeit Herr zu werden. Erkenntnisse lassen sich dennoch nur rückblickend erlangen, wenn sich eine Form schon längst obsolet gemacht hat. Dieses spezifisch-digitale Fluktuieren und Flexibilisieren, das so sehr Ausdruck dieser Zeit ist, nur unhinterfragt zur Kenntnis zu nehmen, führt am Ende dann dazu, Memes ohne die Menschen und ihre Bedürfnisse zu denken.