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Gezähmte Maschinen Ein Interview mit Maja Osojnik Die in Wien lebende Musikerin Maja Osojnik gilt eigentlich als Teamplayerin. Die Aufzählung ihrer Projekte mit verschiedenen Protagonist_innen der Elektronik- und der Impro-Szene würde alleine mehrere Absätze füllen. Nun hat die sich gerne in verschiedenen Genres Bewegende mit „Let Them Grow“ ihr erstes Soloalbum veröffentlicht, das zwischen den Welten simplen Songwritings und komplexer zeitgenössischer Elektronik oszilliert. MALMOE: Wie kam es eigentlich dazu, dass Du nach einer langen Zeit mit einer Fülle von Projekten mit vielen anderen Musiker_innen gesagt hast, es ist an der Zeit mich zurückzuziehen und mich auf eine Soloplatte zu konzentrieren? Maja Osojnik: Das ist total organisch passiert. Auf der einen Seite habe ich Solo-Aufträge erhalten und für andere Ensembles etwas komponiert, auch für Theater- und Tanzprojekte. Da sind immer wieder Elemente entstanden, die nicht verwendet worden sind, aber trotzdem etwas ganz Spezielles und Eigenes hatten. Die sind dann vorerst mal im Archiv gelandet. Gleichzeitig hab ich immer wieder zu Hause alleine improvisiert. Ohne ein bestimmtes Ziel. Über die Jahre haben sich so am Computer die Folder gefüllt, mit Klängen, Ideen, und Skizzen. Und da habe ich gesagt, hei, ich möchte dieses gesammelte Material jetzt verwenden, und was daraus machen. Andererseits hatte ich das Bedürfnis, mich zurückzuziehen und nur mit mir selbst klarzukommen, was natürlich mit eigenen Schwierigkeiten verbunden ist, weil mit sich selbst Monologe zu führen ist auch nicht das leichteste. Wie ist das mit sich selbst zu improvisieren? Du bist ja auch eine ausgebildete Komponistin. Mir ist es total wichtig, dass ich mich durch Improvisation manchmal selbst überrasche. Also dass Sachen passieren, die nicht geplant waren. Das ist ein extrem guter Ausgangspunkt, um ein neues Stück entstehen zu lassen. Ich hab auf der Platte aber beides sehr ernst genommen. Sei es, zu versuchen ein strenges Konzept umzusetzen. Oder wirklich frei zu improvisieren. Sei es auf alten verlassenen Klavieren oder mit meinem elektronischen Setup. Ich bin da sehr spielerisch herangegangen und hab mich einfach treiben lassen. Improvisierst Du mit Dir selbst mehr im Klangbereich oder im strukturellen organisatorischen Bereich? Das ist ja das spannende Ziel des gemeinsamen Improvisierens: Wie schafft man es in Real-Time Stücke zu komponieren. Wie kann man in Zeit strukturell arbeiten. Wie kann man sich nur musikalisch so verständigen, dass man versteht wie eine gewisse Dynamik gehen kann oder wie sich der Klang jetzt morphen wird. Dasselbe gilt natürlich auch für eine Soloimprovisation. Wenn ich mit elektronischem Setup arbeite, passieren manchmal unerwartete Dinge. Es ist zwar wichtig, die Kontrolle über das eigene Setup zu haben aber es ist auch wichtig, zuzulassen diese Kontrolle ein bisschen zu lockern und die Maschinen selbst spielen zu lassen. So entstehen Dinge, die zwar nicht intendiert waren, aber wenn es spannend klingt lässt du es. Wie sonst die Mitmusiker_innen, können so deine eigenen Maschinen Dir Aufgaben geben und da entsteht vielleicht so eine strukturelle Improvisation. Die Struktur ändert sich und das Stück bekommt eine ganz andere Gewichtung. Dennoch habe ich im Endeffekt natürlich Sachen editiert und kompositorische Entscheidungen getroffen. Ich bin die Chefin und nicht die Maschine. So sind das dann gezähmte Maschinen geworden. Da geht es wahrscheinlich auch darum, wie man mit Fehlern oder fehlerhaften Maschinen umgeht. Genau. Das hat ja an sich was total Schönes, es ist ein eigenes Leben. All diese fehlerhaften Maschinen oder zersplitterten Sachen haben ihr eigenes Muster. Ich find es extrem spannend, weil sie nicht von menschlicher Hand hergestellt worden sind. Als ich begonnen habe die Platte zu komponieren war einer der Ausgangspunkte dieser Folder am Computer mit der Bibliothek der kaputten Klänge, wie ich sie nenne. Da hab ich alle Sounds hineingegeben, die entweder ungewollt verzerrt waren oder Feedbacks hatten, die nicht geplant waren, oder die bei irgendwelchen Aufnahmen kaputt gegangen sind. Ein großer Anteil sind Klänge, wo der Computer kaputt gegangen ist und ich versucht habe, meine Sounds zu retten. Da sind so ganz skurrile Sachen passiert. Die Files waren eigentlich kaputt. Also nicht mehr brauchbar. Drinnen hatten sie so Phasenverschiebungen und Verzerrungen, die ich bis dahin nie mit meinem Equipment gemacht habe. Man muss sich vorstellen, man hat einen Spiegel und jemand schmeißt einen Stein in den Spiegel. Du weißt nie wirklich wie dieser Spiegel zerbrechen wird. Das kannst du bewusst so gar nicht herstellen. Ich finde es spannend mit solchen Sounds zu arbeiten, die nicht von Dir selbst manipuliert worden sind. Das sind eigentlich meine Hauptinstrumente am Album. Was hat es mit dem Titel der Platte „Let Them Grow“ auf sich? Ich hab mich in den letzten zwei Jahren mit dem Thema des Loslassens beschäftigt. Wie kannst Du loslassen von bestimmten Dingen, von Gewohnheiten und von Sachen die Dich verkrampfen und Dich von gewissen Dingen distanzieren. Ich bin ein sehr leidenschaftlicher Mensch und brauche das Leben, muss dann aber die Geschehnisse oder die ganze Kommunikation um mich herum verdauen. „Let Them Grow“ kann für alles stehen. Für Wünsche, Träume, Möglichkeiten oder für freie Räume. Es ist eine dunkle Platte und irgendwie hab ich gefühlt, dass sich im Titel trotzdem so eine Naivität und eine utopische Haltung verankern soll. Dennoch kommt der Titel vom Song „Let Them“, in dem ich meine Arme wachsen lasse, um mich mit diesen ganz einzuhüllen, so dass ich verschwinden kann. Die Platte besteht ja aus einer Mischung von Instrumental- und Vokalstücken. Ich hab den Gesamteindruck, dass das ganze wie ein Hörspiel funktioniert. Es gibt gesprochene und gesungene Passagen mit sehr einprägsamen Texten. Du setzt deine Stimme gezielt auf sehr verschiedene Arten ein. Und da prallen zwei Konzepte aufeinander wie z. B. in der Nummer „Waiting“. Wie hast Du das angelegt? Ich wollte einfach alle Facetten der Stimme ausschöpfen. Also auch als Material, extrem abstrahiert, zerschnipselt in sehr kleine, winzige Samples bis zum mehrstimmigen Gesang. Wie klinge ich, wenn ich spreche; wie klinge ich, wenn ich mehrstimmig spreche. Und manchmal gibt es ganz einfachen Gesang, der sich einprägt. Wie dann so die Songs strukturiert wurden wie z. B. „Waiting“ hab ich mit zwei Charakteristiken, die ich sehr liebe, gespielt. Einem simplen Song und abstrakte zeitgenössische moderne Musik. Mir war das ein Anliegen, diese zwei Welten miteinander zu verbinden. Gleich der Opener „Tell Me“ ist eine Ansprache ans Publikum à la Nirvana „Please Entertain me!“ Es ist schön, dass Du diese Assoziation hast, denn Nirvana war eine wichtige Band in meiner Jugend. Jeder von uns sucht einen Platz in dieser Welt und immer wieder ist man mit den Erwartungen der Gesellschaft oder der anderen konfrontiert. Und da sind ständig Erwartungen, die man sich selbst abverlangt. Das führt zu Konflikten. Da hab ich dann am Ende eine sehr anarchistische Haltung wo ich sage: Fuck You! Ich mag das nicht, wenn man sich ständig in ein Korsett zwängen lassen muss. Interessanterweise kann man den Song ja auch als Liebeslied lesen, also auf einer sehr persönlichen Ebene verstehen. Ja ich spiele oft mit dieser Mehrdeutigkeit. Auf der einen Seite ist es das nicht Klarkommen mit der Gesellschaft, mit der Welt in der man sich befindet. Gleichzeitig hat alles mit ganz intimen Beziehungen zu tun. Sei es Partnerschaften, Freundschaften, Familie. Manchmal ist die Kommunikation ja schon in einem Zweiergestell total schwierig. Es ist eine extrem komplexe Sache. Alle diese Konstrukte, wo man sich in sozialen Rollen befindet. Und wo es oft auch um eine Art Machtkampf geht. Und die Frage auftaucht, werde ich jetzt verstanden oder nicht. Will ich jetzt überhaupt verstanden werden, oder nicht. Ist es eigentlich so dass Du zuerst den Text hast und dann die Musik dazu suchst oder umgekehrt? Der Text nimmt ja einen großen Stellenwert in deiner Arbeit ein. Ich sehe mich schon als Lyrikerin, mir ist Text extrem wichtig. Ich möchte erzählen. Ich möchte sagen, teilen, was ich fühle, sehe, was ich denke, was mich beschäftigt. Und ja, manchmal finde ich alles absurd und sinnlos, und dieser Nonsens spiegelt sich dann auch im Text wieder. Es gibt Stücke auf der Platte, wo ich zuerst Text hatte und dann Musik dazu komponiert habe. Und es gibt Stücke auf der Platte wo ich mit dem Sound improvisiert habe. Und da ist eine Stimmung entstanden, die mich dann so in einen Gedankenfluss getrieben hat aus dem dann ein Text entstanden ist. Die aktuelle Platte ist ja tatsächlich auf einem sehr hohen Abstraktionslevel. Es ist umso ungewöhnlicher, darauf sehr konkrete Liedtexte zu finden. Mich hat das Liedgut immer begleitet, sei es als Volkslied, Kunstlied oder Rocksong. Ich liebe musikalisch abstraktes Material, aber ich hab auch gerne Konkretisierungen. Ich glaube, dass der Text da sehr viel anbietet. Auch wenn Du den total reduzierst. Und auf der Platte war es mein Wunsch, das Songformat in ein anderes Format zu bringen. Oder ein anderes im Songformat zu finden. Ich hab mich gefragt, wie kann man die beiden Welten miteinander verbinden, die für mich so wichtig sind. Einfaches Songwriting auf der einen Seite und dann aber Musique Concrète, zeitgenössische elektro-akkustische Musik, die für mich ja auch extrem visuell ist. Ich wollte diese beiden Sachen, die mich sehr stark definieren, miteinander verbinden. Die Platte ist sozusagen das erste Resultat. Schauen wir mal wohin mich das weiter führt. Maja Osojnik „Let Them Grow“ (2LP Rock Is Hell / CD Unrecords) Das Interview mit Musikauschnnitten kann im Archiv der ORANGE 94.0 Sendung Electric Plateaus nachgehört werden. Mehr Info zum Album: mo.klingt.org Maja ist live am 9. April beim Electric Spring / MQ Wien online seit 08.04.2016 09:46:22 (Printausgabe 74) autorIn und feedback : Christian König (Interview) |
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Mixtape by gesterngirl gesterngirl alias Rania Moslam ist Veranstalterin (BRUTTO, Viennese Soulfood, SoloTogether), Fotografin und DJ in Wien. [03.10.2018,gesterngirl] Was bringt ein Nachtbürgermeister? Ein persönlich gehaltener Beitrag zur laufenden Debatte [29.09.2018,Christian König] Mixtape by Electric Indigo Electric Indigo pendelt als DJ, Komponistin und Musikerin zwischen Wien und Berlin. [21.05.2018,Electric Indigo] die nächsten 3 Einträge ... |
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